Aufbruch in Neumünster

Alma liegt im Mittelgang der katholischen Kirche St. Maria-St. Vicelin zu Neumünster und döst. Die Berner Sennenhündin begleitet ihr Frauchen überall hin, an diesem Montagmorgen auch zur Andacht der Klimapilger. Die sind gestern in Neumünster eingetroffen, auf ihrem Weg von Flensburg zum Weltklimagipfel nach Paris.

"Geht doch! Ökumenischer Pilgerweg für Klimagerechtigkeit" ist eine Initiative von Landeskirchen, Diözesen, christlichen Entwicklungsdiensten, Missionswerken und Jugendverbänden. Die Aktion möchte auf die globale Dimension des Klimawandels hinweisen und den Schwachen eine Stimme verleihen. Gestartet am 13. September in Flensburg verläuft die Streck knapp 1500 Kilometer auf traditionellen Pilgerwegen nach Paris. Zwischen den Etappen schieben die Teilnehmer immer wieder Ruhe-, Aktions- und Workshoptage ein. Dort wollen sie ein solidarisches Zeichen für Klimagerechtigkeit setzen, Druck machen. "Da muss endlich was passieren", findet auch Pilgerin Eva Katarina. Schon in ihrer Heimat Schweden hat sie eine Etappe des ökumenischen Klimapilgerwegs "Geht doch!" zurückgelegt. Spontan entschied sie sich weiterzulaufen und ist nun fest entschlossen, bis Paris dabei zu bleiben.
"Auf, auf", ruft Propst Stefan Block den rund 20 Pilgern in der Kirche St. Maria St. Vicelin zu, "zeigt, dass diese Welt noch eine Chance hat." Alma döst weiter. Erst beim Vaterunser, dem Signal, dass es gleich weitergeht, hebt sie kurz den Kopf. Propst Block und sein katholischer Amtsbruder Peter Wohs erteilen den Pilgersegen: "Tragt ihn hinaus in die Welt", ermuntert Block die Teilnehmer. Dann verteilen die beiden Geistlichen am Ausgang Kärtchen mit Segenssprüchen an die Pilger, geben gute Wünsche mit.
Im Eduard-Müller-Haus, unweit der Bahnschienen, haben die Pilger die Nacht verbracht. "War schon komisch, die Züge in der Nacht zu hören", meint Robert. Der 20-jährige Student ist erst in Neumünster zur Gruppe dazugestoßen, zusammen mit seiner Freundin Pia. Von den übrigen Pilgern hat übrigens kaum jemand Notiz von der Geräuschkulisse genommen, nach der Vortagsetappe von Nortorf in die Schwalestadt haben sie tief auf ihren Isomatten geschlafen.
Pia und Robert, die beiden Studenten aus Halle/Saale, wollen bis Hamburg mitlaufen. Im Internet haben sie von der Aktion gehört: "Ich möchte mehr erfahren, wie ich erneuerbare Energien nutzen und mich umweltfreundlicher verhalten kann", hofft Robert. Unterwegs wird die Gruppe immer wieder auf sogenannte Schmerzorte stoßen, da, wo dem Klima Schaden zugefügt wird, aber auch auf Hoffnungsorte, die für eine bessere Zukunft stehen. Die Johanniskirchengemeinde in Wittorf ist heute so ein Hoffnungsort, wo Gebäude klimafreundlich saniert wurden und die Paneele der Solaranlage auf der Kita schon von Weitem zu sehen sind.
Von dort aus gehen die Pilger weiter zum Wertstoffzentrum der Stadtwerke Neumünster, über Großenaspe nach Bad Bramstedt. Dort erwartet die Pilger schon eine Bürgerinitiative, die über die Gefahren des Frackings fürs Klima informieren wird.
Doch noch liegen knapp 20 Kilometer vor ihnen, Zeit fürs Nachdenken wie für Gespräche. "Man kommt runter und schnell wird der Austausch sehr privat, selbst wenn wir uns kaum kennen", beschreibt Volker Clasen (73) seine bisherigen Erfahrungen. Unterdessen freut sich sein Pilgerbruder Ulrich Soergel auf die Begegnungen am Weg. Der pensionierte Kinderarzt hat sich von einem Freund zu dieser, seiner ersten Pilgertour überreden lassen und ist seit Flensburg dabei. Begeistert haben ihn die Jugendlichen, die die Gruppe in Rendsburg betreuten: "So viele positive junge Leute, diese Pfadfinder: Das war schon erste Sahne!".