Auf Messers Schneide: Arte-Doku über die Chirurgie

Fast jeder Mensch wird im Laufe seines Lebens mindestens einmal operiert. Arte zeigt die spannende Entwicklung der Chirurgie von der Steinzeit bis zur ersten Herz-Operation.

Die erste Operation mit Äthernarkose wurde 1846 in Boston von William Thomas Morton durchgeführt
Die erste Operation mit Äthernarkose wurde 1846 in Boston von William Thomas Morton durchgeführtHans Jakobi

Boston, Massachusetts. Es ist der  16. Oktober 1846. Im General Hospital ereignet sich einer der  größten Tage in der Geschichte der Chirugie, der Medizin und vielleicht der Menschheit. Im Mittelpunkt: der Student William Thomas Morton. Mit einem  mit Äther gefüllten Glaskolben gelingt eine kontrollierte Betäubung. Es ist die erste gelungene Operation mit Anästhesie.

Nach diesem Wendepunkt war die Chirurgen in der Lage, ganz andere und vor allem längere Operationen durchzuführen. Schnelligkeit war kein Kriterium mehr. Bis zu diesem Tag wurden Operationen bei vollem Bewusstsein durchgeführt. Der 16. Oktober markiert den Beginn der modernen Chirurgie.

Schon in der Steinzeit wurde „operiert“

Doch die Geschichte der Chirurgie führt sehr weit zurück. Archäologen haben herausgefunden, dass erste Operationen am Schädel schon vor 130.000 Jahren durchgeführt wurden. Und anhand der Knochenstruktur ließ sich nachweisen, dass diese Eingriffe sogar überlebt wurden. Diese Eingriffe könnten Hilfe für chronisch Kranke gewesen sein oder religiöse oder rituelle Gründe gehabt haben.

Es gab schon in der Antike ein erstaunliches medizinisches Wissen. Aber kaum einer der Mediziner weiß, wie das Innere des Menschen aussieht. Der Arzt Galen versorgte in Pergamon im 2. Jahrhundert n. Chr. Gladiatoren und studierte die menschliche Anatomie an deren Wunden. Er hinterließ mehr als 200 Schriften, aber seine Schlüsse anhand seiner anatomischen Studien an Schweinen und Affen waren nicht korrekt.

Medizinische Studien an den Wunden der römischen Gladiatoren

Dennoch waren Galens Studien Grundlage für die Chirurgie, bis im 16. Jahrhundert an Universitäten wissenschaftliche Anatomiestudien an menschlichen Leichnamen durchgeführt wurden und so  genauere Kenntnisse erbrachten.

Bis ins 17. Jahrhundert lag die Chirurgie in der Verantwortung von Badern, die ihre Eingriffe auf Jahrmärkten durchführten. Dadurch war sie neben der „regulären“ Medizin eher geduldet und verschrien. Erst eine gelungene Operation beim Sonnenkönig Ludwig XIV. brachte die Wende und mehr Ansehen. Der Ruf der Chirurgen wurde besser.

Eingriffe an Zähnen und Augen auf mittelalterlichen Jahrmärkten

Christian Twente und Nina Koshofer schlagen in ihrer spannenden und informativen Dokumentation einen weiten Bogen und zeigen, wie wichtig die Chirurgie für die Medizin war und ist. Dabei bleiben sie immer auch für den medizinischen Laien verständlich.

Erforschungen wie der Blutkreislauf und Erkenntnisse, die erst durch Kriege möglich wurden, sind von entscheidender Bedeutung. Denn damals wie heute gilt: Die Geschichte der Chirurgie ist eine Geschichte von Erfindungen und Entdeckungen.

Auf Messers Schneide. Eine Geschichte der Chirurgie, Samstag, 20. Juli, 20.15 Uhr, Arte. Online verfügbar bis zum 17. Oktober.