„Auf die Freude“ schildert die Liebe in Zeiten von Corona

„Auf die Freude“ ist ein tragikomischer Liebesfilm über ein Paar, das sich während des Corona-Lockdowns 2020 in Paris findet und die Zweisamkeit genießt, von der Dauernähe aber auch belastet wird.

Eigentlich ist Vera (Amel Charif) nur kurz in Paris, um ihre Eltern zu besuchen. Die leerstehende Wohnung ihrer ehemaligen Professorin dient ihr als vorübergehende Herberge. Doch weil es März 2020 ist und die Corona-Pandemie gerade das öffentliche Leben lahmlegt, verlängert sich ihr Aufenthalt auf unbestimmte Zeit. Aus der Perspektive wenige Jahre danach wirkt die Covid-19-Frühphase hier durch unseren Wissensvorsprung teilweise komisch. Masken haben sich noch nicht durchgesetzt, Abstandsregeln werden wahlweise gar nicht ober völlig übertrieben umgesetzt und Desinfektionsflüssigkeit als Allheilmittel eingesetzt.

Der zeitliche Abstand ist entscheidend für den Film des französischen Regisseurs Jerome Bonnell, der sich diesem Kapitel leichtfüßig nähert und es als Ausgangspunkt für eine Liebesgeschichte nimmt. Die Angst, das Leiden und die Toten bleiben zwar nicht ganz ausgespart, doch der Titel „Auf die Freude“ deutet an, dass die Ausnahmesituation hier in erster Linie eine Chance ist.

Die Protagonistin ist in der Tat ganz froh, eine Weile von ihrem Freund getrennt zu bleiben, der sie zu einer Adoption drängen wollte, weil Vera keine Kinder bekommen kann. Auch innerlich hat sie bereits Abstand von ihm genommen. Vera will einfach eine Weile für sich sein, und ihren Job als Anwältin kann sie vorerst auch problemlos im Homeoffice erledigen. Wäre da nur nicht die Einsamkeit.

Die Lücke in Veras Einsiedlerinnen-Leben füllt bald Sam (Pablo Pauly), ein zappeliger, aber liebenswürdiger Kasper mit spitzer Nase und roten Locken. Gern redet er sich um Kopf und Kragen, sucht Veras Nähe und geht dabei doch körperlich auf Distanz. Vor der damals alles beherrschenden Krankheit hat er Angst, will das aber aus männlichem Stolz nicht zugeben. Es ist nicht die beste Zeit, um sich näherzukommen. Als die beiden bei einem Date mit großem Abstand auf einer Parkbank sitzen, werden sie im Hintergrund kritisch von Polizisten beäugt.

Als sich Vera eines Tages verletzt und niemand anderen um Hilfe bitten kann, landet Sam in ihrer Wohnung und kurz darauf auch in ihrem Bett. Wie ausgehungert stürzen sich die beiden aufeinander. „Auf die Freude“ findet im Lockdown zunächst ein Paradies für Intimität. Die beiden nisten sich in ihrer Altbau-Liebeshöhle ein, albern wie Kinder herum, drücken ihre warmen verschwitzten Körper aneinander und wollen sich nicht mehr loslassen.

Der Sex spielt im Film eine wichtige Rolle, weil er ein kostbares Gut in Zeiten von Social Distancing ist, aber auch, weil er sich eine Zeit lang als Allheilmittel gegen Langeweile erweist. In den Gesprächen dazwischen offenbart sich unter anderem, dass Vera vielleicht manchmal zu abgeklärt ist und der scheinbar stets lustige Sam panische Angst davor hat, sein Leben nicht mehr meistern zu können. Weil er in der Gastronomie arbeitet, leidet er auch finanziell stärker als Vera. Nach einer Weile wird die Nähe schließlich zum Problem, und die Stimmung beginnt zu kippen.

Nicht erst mit diesem Lagerkoller zielt Bonnell auf einen möglichst großen Wiederkennungswert bei den Zuschauern. „Auf die Freude“ bringt viele dieser ikonischen Momente, die fast jeder aus dem eigenen Lockdown kennt, in der Handlung unter: Das Anstehen am Supermarkt, private Peinlichkeiten bei Zoom-Konferenzen oder das gemeinsame Klatschen am offenen Fenster für das überarbeitete Krankenhauspersonal.

Die Stärke des Films ist die Beziehung von Vera und Sam, die stets so dynamisch und von Spannungen bestimmt ist, dass der Film nicht wie das Kammerspiel wirkt, welches er in Wahrheit die meiste Zeit ist. Die vertrauten, sinnlichen und ausgelassenen Momente sind letztlich so kostbar wie vergänglich. Eine Enthüllung lässt den ansonsten eher zurückhaltend dramatisierten Film am Ende ernster und trauriger werden. Dabei veranschaulicht diese Wendung jedoch nicht nur, dass sich durch die Pandemie das Leben von Vera und Sam verengt hat, sondern auch, dass man durch den radikalen Rückzug ins Private letztlich nur einen Ausschnitt aus dem Leben des anderen mitbekommen hat.