Asylrecht entzweit Parteien – Reformforderungen und Irritation

Der Anschlag von Solingen hat die Debatte um Asylrecht und Abschiebungen erneut befeuert. Unionsvertreter rufen weiterhin nach juristischen Reformen, Hilfsorganisationen warnen dagegen vor sozialen Härten.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat sich für eine grundlegende Reform des Asylrechts ausgesprochen. Dazu gehörten “Zurückweisungen an den Grenzen”, sagte er der “Welt am Sonntag”, ferner “Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern und die Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten”. Das Thema Migration wachse Deutschland über den Kopf; das individuelle Recht auf Asyl sei “nicht mehr zeitgemäß”. Im Grundgesetz heißt es: “Politisch Verfolgte genießen Asylrecht”; als Grundrecht hat dies Verfassungsrang.

Ein genereller Aufnahmestopp von Menschen aus Syrien und Afghanistan sei “vermutlich rechtlich nicht ganz einfach umzusetzen, dennoch wäre es der richtige Schritt”, so Söder. Dieselbe Forderung hatte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz zuletzt relativiert. Laut Söder braucht es nicht länger den subsidiären Schutz für Menschen aus diesen Ländern, sondern Einzelfallprüfungen.

SPD, Gründe und FDP wiesen Söders Forderung zurück. Diese “irritiert”, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert dem “Tagesspiegel” (Samstag). Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki wies darauf hin, dass die Verfahren zahlenmäßig wenig relevant seien angesichts einer Asyl-Anerkennungsquote von “nicht einmal zwei Prozent”.

Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa zeigte sich angesichts der aktuellen Debatten besorgt um das Wohlergehen von Geflüchteten. “Wir hören aus den Migrationsdiensten der Caritas, dass die Ereignisse und Debatten der letzten Wochen die Schutzbedürftigen massiv verunsichern”, sagte Welskop-Deffaa dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. “Sie fühlen sich retraumatisiert und fürchten sich vor Diskriminierung und vor religiös und rassistisch motivierter Gewalt in Deutschland.”

Durch die abscheulichen Taten einzelner Krimineller dürfe der soziale Frieden in Deutschland nicht zerstört werden, so die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes. “Wir dürfen nicht zulassen, dass unser Herz verhärtet und sich unser Blick verschließt für die Nöte unserer Mitmenschen, egal welcher Herkunft.”

Zugleich forderte Welskop-Deffaa ein entschiedenes Vorgehen gegen Islamismus. “Viele Geflüchtete, die nach Deutschland kommen, waren schon in ihren Herkunftsregionen von islamistischem Terror und religiös begründeter Gewalt bedroht – als Muslime oder als Christen.” Integration sei die beste Islamismus-Prävention.

Merz erneuerte unterdessen seine Forderung nach einer “Asyl-Notlage”. Die Regelverschärfungen zu Migration und Asyl, auf die sich die Ampelkoalition geeinigt hatte, gingen “das eigentliche Problem wieder nicht an”, heißt es in einem Schreiben, das den Zeitungen der Funke Mediengruppe vorliegt. Ein weiteres Treffen von Regierung, Ländern und Union ist am Dienstag geplant.