Arolsen Archives starten interaktive Lernplattform für Jugendliche

Das NS-Dokumentationszentrum Arolsen Archives startet eine neue digitale Bildungsplattform. Die frei zugängliche Web-App „und heute?“ wurde am Donnerstag im nordhessischen Bad Arolsen vorgestellt. Sie bietet sieben Lernmodule, die sich mit der NS-Geschichte und gesellschaftlicher Ausgrenzung seit 1945 beschäftigen. Man wolle Jugendliche, die in der digitalen Welt aufwachsen, auf Augenhöhe ansprechen, sagte die Leiterin der Bildungsarbeit des Zentrums, Birthe Pater, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

„Und heute?“ arbeitet mit Grafiken, Videos, Audios und spielerischen Elementen. Die Lernmodule, sogenannte Minigames, ermöglichen zum Beispiel einen virtuellen Rundgang durch Orte der NS-Verbrechen oder die Teilnahme an einem Migrationsquiz. Ein anderes Modul lädt zu einer Zeitreise durch fünf Wohnzimmer nach 1945 ein, um der Frage nachzugehen, was die Menschen damals über die NS-Geschichte wussten, wie sie sich informierten und wie sich der Umgang mit der Zeit der Gewaltherrschaft bis heute verändert hat.

Laut Birthe Pater ist der Bezug zu Alltagserfahrungen der Nutzer ein wesentliches Element des Bildungsprojektes. Ein Lernmodul widmet sich deshalb den Erfahrungen von Jugendlichen und ihrem Verständnis von gesellschaftlicher Teilhabe und Demokratie. Zuletzt habe die Studie „Jugend in Deutschland“ einen Rechtsruck bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen offenbart. Freiheit und Demokratie seien keine Selbstverständlichkeit, so die Politikwissenschaftlerin. Die Arolsen Archives hätten bewusst den 23. Mai gewählt für die Vorstellung des Projekts gewählt – den Tag, an dem vor genau 75 Jahren das Grundgesetz 75 Jahre verkündet worden war.

Zwei Jahre seien von der Idee bis zum Start der neuen digitalen Plattform vergangen, deren Entwicklung mit Bundesmitteln gefördert wurde, so Pater. Bei der Erstellung seien auch Schulklassen einbezogen und die fertige Web-App in Schulen getestet worden. Neben Jugendlichen richtet sich das Angebot auch an Eltern und Lehrkräfte für den Unterricht: „Wir wollen den Austausch anregen.“

Die Arolsen Archives sind nach eigenen Angaben das weltweit größte Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus. Die Sammlung mit Hinweisen zu rund 17,5 Millionen Menschen gehört zum Unesco-Weltdokumentenerbe. Sie beinhaltet Dokumente zu den verschiedenen Opfergruppen des NS-Regimes.