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Argumentationshilfe gegen rechts

Ein neuer Ratgeber der Diakonie bündelt die wichtigsten Anregungen aus Seminaren und gibt Gesprächs-Tipps

Partydebatten über die kriminelle Energie von Flüchtlingen, spöttische Bemerkungen von Klienten über das „Gutmenschentum“ der Diakonie und Mittagsgespräche mit Kollegen, die zum Schlagabtausch über die angebliche „Islamisierung Deutschlands“ werden – an Beispielen, wie Mitarbeitende der Diakonie plötzlich und unerwartet mit rechten Parolen konfrontiert sein können, mangelt es nicht. Auf Fachtagen und in Fortbildungen zum Umgang mit dem neu erstarkten Rechtspopulismus in Deutschland kann jeder Teilnehmende seine persönliche Geschichte dazu erzählen.
Nicht selten ist sie mit einem Gefühl der Hilflosigkeit und des Scheiterns verbunden. Manche haben verärgert geschwiegen. Andere sind in einen aufreibenden lautstarken Schlagabtausch hineingeraten, der sie an ihre Grenzen gebracht hat. Inzwischen gibt es eine Vielzahl von Workshops und Argumentationstrainings, die hier weiterhelfen können. Das neue Leporello der Diakonie RWL „Nächstenliebe verlangt Klarheit“ fasst die wichtigsten Anregungen aus diesen Seminaren kurz zusammen. Es gibt Tipps für ein Gespräch, in dem Pauschalierungen und Wut nicht die Oberhand gewinnen, und zeigt auf, wo Fallstricke liegen und wie sich Grenzen ziehen lassen.
Grundlage für den Ratgeber sind Erfahrungen aus Argumentationstrainings gegen rechte Stammtischparolen. Entworfen wurde das Leporello von der Diakonie Sachsen, die seit dem Erstarken der Pegida-Bewegung bereits viele Fortbildungen für ihre Mitarbeitenden zum Umgang mit Rechtspopulisten durchgeführt hat. Die Diakonie RWL gibt es nun in einer überarbeiteten Fassung für ihr Verbandsgebiet heraus.
„Wir dürfen das Feld nicht den Radikalen überlassen“, meint Ali Can. Der 23-jährige Student mit türkischen Wurzeln ist viel als interkultureller Trainer unterwegs – auch in der Diakonie. Mit seiner 2016 gegründeten „Hotline für besorge Bürger“ hat er bundesweit für Aufsehen gesorgt. Dort redet der Gießener Student mit Pegida-Demonstranten, AfD-Anhängern und Integrationsskeptikern. „Was ich mache, können andere auch“, meint er und ermuntert Teilnehmende seiner Workshops, sich auf Diskussionen einzulassen. Für die „Gespräche auf Augenhöhe“ hat er eine Checkliste erstellt.
Wichtig ist ihm dabei, seinem Gegenüber mit Respekt zu begegnen und ihm Raum für Skepsis und Kritik zu geben, diese aber auch zu hinterfragen. „Natürlich kann ich versuchen, mit Hintergrundwissen und Statistiken Vorurteile direkt zu widerlegen“, sagt er. „Aber oft ist es besser zu fragen, wie mein Gegenüber zu seiner fremdenfeindlichen Einstellung kommt und meine persönlichen Erfahrungen und Überzeugungen dagegenzusetzen.“ In seinen Telefongesprächen bemüht sich Ali Can um eine ruhige und humorvolle Atmosphäre.
Was aber, wenn ausreichend Gespräche geführt worden sind und Eltern in der Kita immer wieder gegen muslimische Kinder hetzen? Oder wenn plötzlich Hakenkreuze an die Wände der Schultoilette gemalt sind? Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus in NRW bietet neben Workshops und Schulungen auch Unterstützung bei akuten Vorfällen an. Seit 2008 ist sie in den fünf Regierungsbezirken mit mittlerweile rund zwanzig Beratern aktiv. In der Diakonie RWL hat sie Fachkräfte aus dem Bereich der Familienhilfe und Kindertagesstätten geschult.

Das Leporello „Nächstenliebe verlangt Klarheit – Auseinandersetzung wagen und im Gespräch bleiben“ kann kostenfrei bei der Diakonie RWL unter https://www.diakonie-rwl.de/auseinandersetzung-wagen bestellt werden.