Arbeitsmarktlage für Menschen mit Behinderung verschlechtert sich

Die Arbeitsmarktsituation für Menschen mit Behinderung hat sich in Nordrhein-Westfalen nach Angaben der Aktion Mensch verschärft. Sowohl die Arbeitslosenzahlen als auch die Arbeitslosenquote seien im vergangenen Jahr gestiegen, teilte die Sozialorganisation am Freitag in Bonn mit. So zog den Angaben zufolge die Arbeitslosenquote unter behinderten Menschen 2023 an und lag bei 14 Prozent. Auch die Anzahl der Arbeitslosen mit Behinderung erhöhte sich auf einen Jahresdurchschnitt von fast 51.600, wie es hieß.

Problematisch sei zudem, dass immer mehr Unternehmen ihrer gesetzlichen Pflicht, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen, nicht nachkommen, hieß es. Der Anteil der in NRW ansässigen Betriebe, die die vorgegebene Fünf-Prozent-Quote vollständig erfüllen, sei weiter gesunken. Das „Inklusionsbarometer Arbeit 2024“ der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institutes belege, dass es auch 15 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention, die das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe festlegt, keine Fortschritte gebe.

Erschwerend komme hinzu, dass der konjunkturelle Abschwung sich auch auf die Arbeitsmarktsituation von behinderten Menschen auswirke. Dieser Trend setze sich auch im laufenden Jahr fort: Im Oktober 2024 lag demnach die Zahl der Arbeitslosen mit Behinderung in NRW bei gut 55.300, im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt markiert dies einen Anstieg um nahezu sieben Prozent.

Unternehmen mit 20 Mitarbeitern und mehr sind gesetzlich dazu verpflichtet, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben. In NRW sind das derzeit über 37.000 Unternehmen, Tendenz im Vergleich zu den Vorjahren steigend. Laut dem aktuellen „Inklusionsbarometer Arbeit“ erfüllen lediglich 43 Prozent der verpflichteten Unternehmen die Fünf-Prozent-Quote vollständig. „Eine schlechte Konjunktur greift als Erklärung nicht weit genug – schließlich klagt die Wirtschaft zunehmend über den Fachkräfte- wie auch den Arbeitskräftemangel allgemein“, sagte die Sprecherin der Aktion Mensch, Christina Marx.

In Nordrhein-Westfalen lebten Ende 2023 rund 1,9 Millionen Menschen mit einer Schwerbehinderung. Das seien 25.720 Menschen mehr als zwei Jahre zuvor gewesen, teilte das Landesamt für Statistik mit. 80 Prozent der Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung waren 2023 über 54 Jahre alt.

Der Sozialverband VdK NRW monierte, dass Inklusion „vielerorts eine leere Hülle“ geblieben sei. „Trotz klarer gesetzlicher Verpflichtungen sind Menschen mit Behinderung in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens immer noch benachteiligt. Es ist traurig, dass diese Menschen auch 2024 im Alltag auf unüberwindbare Barrieren stoßen“, betonte VdK-Landespräsident Horst Vöge.

Es brauche in den Kreisen, Städten und Gemeinden ein konsequentes Umdenken bei der Stadtplanung und der Gestaltung des öffentlichen Raums. Barrierefreie Wohnungen und die uneingeschränkte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel müssten Standard werden. „In zahlreichen Unternehmen fehlen immer noch inklusive Arbeitsplätze, barrierefreie Arbeitsumfelder, gezielte Fördermaßnahmen und eine glaubwürdige Bereitschaft zur Anpassung von Arbeitszeitmodellen“, unterstrich Vöge.