Appell der Seemannsmission: Keine russisch-ukrainischen Crews an Bord

Der Generalsekretär der Deutschen Seemannsmission, Matthias Ristau, hat an die Reedereien weltweit appelliert, auf ihren Schiffen nicht gleichzeitig russische und ukrainische Seeleuten einzusetzen. Zwar befolgten inzwischen viele Reedereien diesen Rat, doch gebe es immer noch gemischte Crews, mit den entsprechenden Spannungen an Bord, sagte der Theologe in Cuxhaven am Rande einer Konferenz der 16 deutschen Inlandsstationen der Seemannsmission: „Auch wenn normalerweise Politik an Bord kein Thema ist – der Krieg ist allgegenwärtig.“

Für die russischen und ukrainischen Seeleute sei die Situation extrem belastend und oft auch mit Scham besetzt. Es sei schwierig, auf engstem Raum mit Menschen zusammenzuarbeiten, deren Nation möglicherweise für den Tod eines Angehörigen verantwortlich ist. Getrennte Mannschaften würden die Lage auf den Schiffen sehr entlasten, unterstrich Ristau.

Extremem Stress seien auch die Mannschaften an Bord von Frachtschiffen ausgesetzt, die derzeit durch das Rote Meer fahren müssten, berichtete Ristau. Aus den Auslandstationen erreichten ihn immer wieder Berichte, dass die Schiffe von jemenitischen Huthi-Rebellen unter anderem mit Raketen angegriffen würden. Im November hätten die Rebellen ein Handelsschiff gekapert, das regelmäßig Bremerhaven anlaufe. Die entführte 25-köpfige Mannschaft sei inzwischen seit drei Monaten in Geiselhaft.

Rund 30 hauptamtliche Mitarbeitende der Deutschen Seemannsmission aus den Stationen zwischen Emden und Sassnitz tagen derzeit bei Cuxhaven, um ihre Zusammenarbeit zu verbessern. Am Donnerstag besuchten sie das Havarie-Kommando in Cuxhaven. „Dort genießen wir große Wertschätzung“, berichtete der Cuxhavener Seemanns-Diakon Martin Struwe.

Dies habe sich erst kürzlich beim Untergang des Frachters „Verity“ Mitte Dezember vor Helgoland gezeigt. Das Schiff war bei einer Kollision gesunken, dabei starben fünf Menschen. Zwei Mitglieder der Crew konnten Struwe zufolge aus der kalten Nordsee gerettet werden. Während das Havarie-Kommando die technischen Fragen der Rettungsaktion organisierte, habe sich die Seemannsmission um die Schiffbrüchigen seelsorgerlich gekümmert und sie im Krankenhaus besucht. Außerdem seien die Seemannsmissionen in den Häfen informiert worden, die das bei der Havarie nicht gesunkene Schiff nach dem Unglück angelaufen habe. Dort seien Mitarbeitende der Seemannsmission an Bord gegangen, um auch diese Crew seelsorgerlich zu begleiten.

Ein weiteres wichtiges Thema der Tagung war die jüngste Studie zu sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche. „Auch wir sind Teil dieser Kirche und müssen uns mit dem Thema beschäftigen“, unterstrich Generalsekretär Ristau. In der Seemannsmission arbeiteten viele Frauen und junge Männer ehrenamtlich mit. Auch wenn ihm kein Fall von sexualisierter Gewalt bekannt sei, müsse jetzt für jede Station ein Präventionskonzept erarbeitet werden.