Antisemitismusbeauftragter kritisiert Söders Handeln im Fall Aiwanger
Der Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat Markus Söder davor gewarnt, zur Tagesordnung zurückzukehren. Auch aus anderer Richtung kommt Kritik.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) vor einem leichtfertigen Umgang mit der Flugblatt-Affäre um seinen Stellvertreter Hubert Aiwanger (Freie Wähler) gewarnt. „Nach der Entscheidung von Ministerpräsident Söder, Herrn Aiwanger in seinem Amt zu belassen, sollte die bayerische Staatsregierung nun nicht zur politischen Tagesordnung zurückkehren“, sagte Klein den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die Angelegenheit hat dem Kampf gegen Antisemitismus in unserem Land geschadet.“
Klein erinnerte an den Konsens aller demokratischer Parteien hinsichtlich des Gedenkens an die industrielle Vernichtung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden in der Shoah und des Umgangs mit Judenfeindlichkeit. „Diesen hat Herr Aiwanger durch die unzureichende Aufklärung über seine Verbindung zu dem antisemitischen Hetzblatt und seine Aussage, dass die Shoah hier für parteipolitische Zwecke instrumentalisiert wurde, aufgekündigt“, kritisierte Klein. Hieraus könnten „katastrophale Schlüsse“ gezogen werden, die Erinnerungskultur und der Kampf gegen den Antisemitismus seien lediglich Teil des politischen Geschäfts, mit denen man nach Gutdünken umgehen könne.
Fall Aiwanger: Bayerns Regierung „in der Pflicht“
Die bayerische Staatsregierung sei nun in der Pflicht, „einer derartigen fatalen Dynamik entgegenzuwirken“, mahnte Klein. Trotz zahlreicher Vorwürfe in der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt aus Aiwangers Oberstufenzeit hält Ministerpräsident Söder an seinem Stellvertreter, der auch bayerischer Wirtschaftsminister ist, fest. Da es keine Beweise gebe, dass Aiwanger das antisemitische Flugblatt vor 35 Jahren selbst verfasst habe, und seitdem nichts Vergleichbares vorgefallen sei, „wäre eine Entlassung aus dem Amt aus meiner Sicht nicht verhältnismäßig“, hatte Söder am Sonntag in München gesagt.
Auch der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hat Hubert Aiwanger scharf kritisiert. Aiwangers Entschuldigung im Umgang mit einem antisemitischen Flugblatt sei nicht ernst gemeint, erklärte der Zentralrat in Heidelberg. Stattdessen stelle sich Aiwanger als Opfer einer Kampagne dar; dies sei inakzeptabel und zynisch, kritisierte der Zentralrat. Eine weitere Verharmlosung nationalsozialistischer Verbrechen sei zu befürchten.
Der Zentralrats-Vorsitzende Romani Rose sprach von einer gesellschaftspolitischen Klimaveränderung. Deren Ziel sei eine Stärkung von Rechtsextremismus und Nationalismus. Alle demokratischen Kräfte müssten einer Verharmlosung der NS-Verbrechen entgegentreten.
Zuvor hatte die Vorsitzende der israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, eine Entschuldigung von Hubert Aiwanger nicht angenommen.