Antisemitismus-Experte: Neuer Historikerstreit relativiert Schoah

Anders als der Historikerstreit der 1980er Jahre komme der Angriff auf die „Singularität von Auschwitz“ diesmal von links und nicht von rechts, meint der Berliner Wissenschaftler Stephan Grigat.

Die Präzedenzlosigkeit der Schoah wird nach Ansicht des Antisemitismus-Experten Stephan Grigat durch einen neuen Historikerstreit in Frage gestellt. „Die Historiker und Aktivisten, die den Historikerstreit 2.0 begonnen haben, versuchen, die nationalsozialistischen Massenverbrechen gegenüber den Juden und Jüdinnen in einer Art Gesamtgeschichte des Kolonialismus und Rassismus einzuordnen“, sagte Grigat am Sonntag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Dadurch komme es auch zu einer Nivellierung der entscheidenden Unterschiede zwischen Rassismus und Antisemitismus.

Grigat, der als Professor für Theorien und Kritik des Antisemitismus an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen lehrt und das Centrum für Antisemitismus- und Rassismusstudien (CARS) in Aachen leitet, sieht diese Dynamik derzeit stärker auf dem progressiven politischen Spektrum angesiedelt. „Anders als in den 80er Jahren, als es eine Art Generalangriff von rechten Historikern auf die Singularität von Auschwitz gab, kommt aktuell der Angriff von linker Seite, von Historikern, die sich selbst als fortschrittlich und emanzipatorisch verstehen“, so Grigat weiter.