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Angehende Pflegerin erzählt: Darum gefällt es mir im Krankenhaus

Am 1. August beginnen junge Menschen wieder mit ihrer Pflegeausbildung. Dabei hat der Beruf mit Vorurteilen zu kämpfen – zu viel Stress, schlechte Bezahlung, Schichtdienst. Doch wie sieht das der Pflegenachwuchs?

“Als ich 16 Jahre alt war, konnte ich keine Wunden sehen”, sagt Anna Suckfüll. Nun lässt sie sich zur Pflegefachkraft ausbilden. Gerade steht sie vor einem Krankenbett im katholischen Gemeinschaftskrankenhaus St. Elisabeth und St. Petrus in Bonn. Um sie herum wuseln Pfleger zwischen Ärzten und wartenden Patienten, die vor einem Bildschirm darauf warten, dass ihre Nummer erscheint.

Bevor die 21-Jährige in die Pflege umsattelte, war sie medizinische Fachangestellte. In dem Job hatte sie ein höheres Gehalt und stand mit ihren Kolleginnen und Kollegen auf einer Hierarchiestufe. Jetzt müsse sie sich wieder mehr unterordnen, sagt Suckfüll. “Aber wer lernen will, der muss sein Ego ein wenig runterschrauben.”

“In der Ambulanz gefällt es mir richtig gut”, so die angehende Pflegefachfrau und strahlt. “Der Alltag dort ist so vielfältig.” Denn jeden Tag treffe sie auf andere Patienten. Zudem seien deren Beschwerden und Krankengeschichten immer unterschiedlich. Im Altenheim, wo sie vorher als Teil ihrer Ausbildung war, sei es ihr zu eintönig gewesen, gibt die junge Frau offen zu.

Suckfüll findet es schade, dass das Image der Pflegeausbildung schlecht sei. “Wenn manche über den Beruf sprechen, geht es nur um den Umgang mit Körpergerüchen”, bedauert die Bonnerin. Denn eigentlich sei ihr Alltag viel bunter. Außer den verschiedenen Behandlungsmethoden und den Bereichen, die sie kennenlerne – neben der Altenpflege und der Ambulanz etwa auch die Kinderkrankenpflege – lerne sie auch aus dem Kontakt zu den vielen Patientenpersönlichkeiten sehr viel über sich selbst.

Außerdem schätze sie den Schichtdienst. Natürlich könne sie bei anstehendem Früh-, Spät- oder Nachtdienst nicht so lange auf Feiern von Freunden oder Familie bleiben. Dafür könne sie aber auch beispielsweise zu Zeiten ins Fitness-Studio gehen, wenn andere arbeiteten.

Was sie am Ende überzeugt habe, die Pflegeausbildung zu beginnen, sei unter anderem ein Urlaubserlebnis gewesen. Ihre Tante habe sich den Fuß verletzt und musste ins Krankenhaus. Dort habe Suckfüll gesehen, “was hinter den Kulissen der Ambulanz vor sich ging und war begeistert”. Wenig später machte sie zunächst ein Praktikum in einer Frauenarztpraxis. Vor dem Beginn der Ausbildung absolvierte sie außerdem einen Probetag in dem Krankenhaus, in dem sie jetzt arbeitet. “Mit jedem Schritt mehr wusste ich, dass ich den Weg ins Krankenhaus gehen will.”

Das bedeute nicht, dass es nicht auch schwierige Situationen gebe. So sei sie schon einmal von Patienten bespuckt und geschlagen worden. Aber sie habe in dieser Situation auch viel Hilfe von Kollegen erhalten. Diese unterstützten sie und entwickelten gemeinsam Strategien zum Umgang, etwa mit aggressiven Patienten. “Es hilft immens zu wissen, dass ich mich auf mein Team verlassen kann.”

Nicht alle Pflegeauszubildenden erfüllt ihre Arbeit mit so viel Freude wie Suckfüll. Denn gibt es auch viele, die dann doch einen anderen Weg einschlagen und ihre Ausbildung abbrechen. Nach Informationen der Initiative “Pflegenot Deutschland” tut dies fast ein Drittel der angehenden Pfleger.

Pflegepädagogin Vanessa Gorges kennt aufgrund ihrer mehrjährige Erfahrung an der Pflegeschule, an der auch Suckfüll lernt, einen der Gründe für Abbrüche: “Manche haben sich die Arbeit als Pfleger anders vorgestellt und sind dann enttäuscht.” Anderen falle es schwer, mit dem Schicksal mancher Patienten umzugehen – Tod und Schmerz mitzuerleben gehöre aber zum Klinikalltag dazu. Zudem sei der Alltag stressig, und man brauche Resilienz.

Auch Gorges spricht über schwierige Momente im Klinikalltag. So erlebten einige der Auszubildenden bei ihrer Arbeit auch Rassismus. “Für uns als Pflegeschule ist es sehr wichtig, für sie da zu sein und sie dabei zu unterstützen, sich dies nicht gefallen zu lassen. Denn in unseren Häusern ist kein Platz für Diskriminierung”, stellt sie klar.

Um zu verhindern, dass Auszubildende unzufrieden sind, biete die Pflegeschule zudem regelmäßig sogenannte Peer-Gruppen-Gespräche. Dabei trifft sich der Pflegenachwuchs, um über Erfahrungen im Klinik- oder Heimalltag zu sprechen. Zudem habe jeder einen “Praxisanleiter”, also einen ausgebildeten Pfleger, der dem oder der Auszubildenden zur Seite steht. “Wenn ich außerdem merke, dass sich jemand verändert, gehe ich auf ihn zu, und biete ihm an über seine Situation zu sprechen.”

Vielleicht liegt es an diesem engen Kontakt zwischen Pflegeazubis und Lehrenden, dass das Krankenhaus keine Nachwuchsprobleme hat. Anders als in größeren Pflegeschulen, wo es drei oder mehr Kurse pro Jahr gibt, starte dort jedes Jahr nur ein Jahrgang. Das mache eine gute Betreuung leichter.

“Seitdem ich in der Klinik bin, schaue ich viel gelassener auf angebliche Probleme”, bilanziert Suckfüll. Die angehende Pflegefachfrau wirkt so, als wäre sie genau an dem Punkt, an dem sie gerne sein möchte – “unter Menschen und an einem Ort, der vielfältig ist.”