Anders Amen geht wieder online – mit ihrem Baby

Dank ihres Blogs sind sie im vergangenen Jahr bekannt geworden. Die beiden Pastorinnen aus Eime bei Hildesheim traten in Talkshows auf, plauderten aus ihrem Leben. Jetzt geht das Video-Tagebuch weiter, mit Tochter Fides.

Kleine glückliche Familie: Ellen (li.) und Stefanie Radtke mit ihrer Tochter Fides
Kleine glückliche Familie: Ellen (li.) und Stefanie Radtke mit ihrer Tochter Fidesandersamen.de

Hannover/Eime. Es sind oft die einfachen Dinge, die glücklich machen. „Zum Beispiel Fides anschauen und sie zum Lachen bringen“, sagt Ellen Radtke. Fides ist gerade einmal 17 Wochen alt und gluckst ein bisschen, wenn sie lacht. Aber mit ihr hat sich der sehnlichste Wunsch der Pastorin erfüllt: Sie und ihre Frau Stefanie Radtke sind stolze Mütter geworden. „Alles ist anders seitdem“, freut sich auch Stefanie Radtke. „Aber Fides ist toll. Wir sind so gesegnet.“

„Anders“ könnte das Lebensmotto des lesbischen Pastorenpaares lauten, das es nach Eime, einem Dorf in der Nähe von Hildesheim, verschlagen hat. Im vergangenen Jahr haben die beiden Theologinnen auf dem Youtube-Kanal „Anders Amen“ ihr „etwas anderes“ Leben in Videos öffentlich gemacht. Sie wollten zeigen, dass Homosexuelle gut in der evangelischen Kirche aufgehoben seien. Eine immer größere Fan-Gemeinde hat sich seitdem um sie geschart, begleitete sie auf turbulente Konfirmanden-Freizeiten, hat an Gesprächen über Gottesdienst-Besuche und den Kinderwunsch teilgenommen. Auch in vielen Fernsehsendungen waren sie zu Gast, etwa bei Stern-TV und bei der NDR-Talkshow.

Sehnsucht nach Kirche für alle Menschen

Mehr als 17.000 Follower hat der Kanal, etwa eine Million Mal sind die Videos angeklickt worden. „Die Sehnsucht nach einer Kirche für alle Menschen ist riesengroß. Wir wollen so eine Kirche sein, weil das unser Traum ist“, erklärt Stefanie Radtke den Zuspruch. Viele Zuschauer loben die Offenheit der Videos und schreiben dem lesbischen Paar: „Alleine zu wissen, dass Ihr glaubt, so wie ihr glaubt, das hilft mir“, zitiert Ellen Radtke die Zuschrift einer lesbischen Frau, die gedacht hat, „sie dürfe gar nicht glauben“.

andersamen.de

Wann immer sie Zeit finden, antworten die Pastorinnen, zumindest auf die ernstgemeinten Zuschriften, und geben seelsorgerlichen Beistand. „Viele schreiben uns so ehrlich, so persönlich“, sagt Ellen Radtke. „Aber leider dauern viele Antworten.“ Auch mit gelegentlicher Kritik über ihren Umgang mit Alkohol zum Beispiel setzen sich die frischgebackenen Mütter auseinander. „Wir sind hier auf dem Dorf. Da ist es Brauch, einen Kurzen zu trinken“, sagt Stefanie Radtke. „Aber das ist ein Thema.“


Mehr zum Thema
Was zwei lesbische Pastorinnen im Alltag erleben – ein Porträt
Wie Anders Amen zu einer neuen Gemeinde geworden ist
Anders Amen holt zweiten Platz beim Smart Hero Award


Eine dicke Haut haben sich die beiden hingegen bei den immer gleichen Kommentaren einer konservativen Gruppe von Zuschauern zugelegt. „Da merken wir, dass sie sich gar nicht ernsthaft mit uns auseinandersetzen. Die hauen einfach nur auf uns drauf“, sagt Ellen Radtke. „Darauf reagieren wir nicht mehr.“

Margot Käßmann zu Gast

An diesem Mittwoch geht nun die zweite Staffel des Video-Tagebuches an den Start, das vom Evangelischen Kirchenfunk Niedersachsen-Bremen produziert wird. „Es ging mit einem Feuerwerk und viel Geld los“, sagt Stefanie Radtke schmunzelnd. Das Thema sei wieder das Leben auf dem Land – aber dieses Mal mit Tochter Fides. „Das verändert alles“, sagt Ellen Radtke. Denn Fides, das lateinische Wort für „Glauben“, habe ihren eigenen Kopf. „Wir müssen wegen ihr viel mehr planen.“ Zudem sei es eine Herausforderung, das Kind zu filmen, ohne seine Identität preiszugeben.

Daneben planen die beiden Pastorinnen auch wieder „Bartalks“, Gespräche am Tresen über umstrittene theologische Themen. In einer der ersten Folgen sei Margot Käßmann zu Gast, verrät Ellen Radtke. „Sie passt zu uns, denn sie ist auch anders“, sagt Ellen Radtke. Die ehemalige Landesbischöfin in Hannover stehe für eine Kirche, die nicht ins „typische Bild“ passen will. „Sie hat sich dafür eingesetzt, dass gleichgeschlechtliche Paare im Pfarrhaus leben dürfen. Das interessiert uns.“

Angesichts dieses Ehrenamts müssen die beiden Mütter aufpassen, dass sie auch die Großeltern mit Videos versorgen. „Die beschweren sich sonst“, sagt Ellen Radtke.