Ampel einigt sich auf abgespeckte Kindergrundsicherung

Kompromiss zur Kindergrundsicherung: Einige Leistungen für Familien, die Unterstützung brauchen, werden verbessert – aber Kinderarmut wird ein Thema bleiben, sagen Sozialverbände.

Bundeskanzler Scholz (SPD) und Finanzminister Lindner (FDP) haben eine Einigung bei der geplanten Kindergrundsicherung angekündigt
Bundeskanzler Scholz (SPD) und Finanzminister Lindner (FDP) haben eine Einigung bei der geplanten Kindergrundsicherung angekündigtImago / Bildgehege

Beide Seiten zeigten sich zufrieden: Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) verkündeten in Berlin die Einigung zur Finanzierung der geplanten Kindergrundsicherung. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kam die Rolle zu, die Erwartungen zu dämpfen: Die Ziele ließen sich nicht über Nacht realisieren, sagte er. Auf den Sozialstaat könnten sich aber alle Generationen verlassen.

Paus sprach von zum Teil „sehr harten Verhandlungen“, aber es habe sich gelohnt. „Die neue Kindergrundsicherung kommt“, sagte sie. Im Jahr 2025 sollen ihren Angaben nach 2,4 Milliarden Euro zusätzlich für die Reduzierung der Kinderarmut zur Verfügung gestellt werden.

Finanzieller Kompromiss

Die Summe wird im Bundeshaushalt 2025 eingeplant werden, wenn die Kindergrundsicherung eingeführt werden soll. Das sind 400 Millionen Euro mehr, als Lindner zur Verfügung stellen wollte, aber deutlich weniger, als Paus gefordert hatte.
Die Summe ist der Einigung zufolge verplant für die Zusammenführung der Leistungen und für Verwaltungskosten. Paus erklärte, sie gehe von einer zunehmend stärkeren Inanspruchnahme der Leistungen aus, dann erhöhten sich nach 2025 auch die Ausgaben. Das betrifft vor allem den Kinderzuschlag, der Eltern zusteht, die so wenig verdienen, dass sie ohne den Zuschlag Bürgergeld für ihre Kinder beantragen müssten. Eine Verwaltungsverbesserung wird darin bestehen, sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie den Zuschlag von derzeit bis zu 250 Euro pro Kind beantragen sollten.

In der Kindergrundsicherung sollen Familienleistungen zusammengefasst, vereinfacht und automatisch ausgezahlt werden. Dazu zählen das Kindergeld, der Kinderzuschlag, die Sozialhilfe und das Bürgergeld für Kinder. Anders als von Paus gewünscht, werden die Sachleistungen für Schulsachen und Freizeit nicht in Pauschalen umgewandelt. Eltern müssen also auch weiterhin die Hilfen für Schulsachen und den Teilhabebetrag für Freizeitvergnügen der Kinder von 15 Euro im Monat extra beantragen.

Hilfe für Alleinerziehende

Alleinerziehende mit staatlicher Unterstützung sollen bessergestellt werden, indem ihnen weniger Geld vom Unterhalt für ihre Kinder abgezogen wird. Das betrifft Ein-Eltern-Familien mit Sozialhilfe oder Bürgergeld. Sobald die Kinder das Schulalter erreicht haben, wird diese Neuerung nur beibehalten, wenn der alleinerziehende Elternteil für mindestens 600 Euro im Monat sozialversicherungspflichtig arbeitet. Lindner sagte, aus Sicht der FDP komme es darauf an, Arbeitsanreize zu schaffen. Es dürfe von höheren Leistungen nicht das Signal ausgehen, sich nicht selbst um den Lebensunterhalt zu kümmern. „Deshalb haben wir auch keine generellen Leistungsverbesserungen verabredet“, sagte Lindner.

Die Linksfraktion im Bundestag verurteilte den Ampel-Kompromiss scharf. Der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch sprach von „faktischem Wahlbetrug“. Minister Lindner habe „sich auf ganzer Linie durchgesetzt“. Die Kindergrundsicherung gilt als das wichtigste sozialpolitische Vorhaben der Ampel-Koalition. Familienministerin Paus hatte zuletzt bis zu sieben Milliarden Euro gefordert, während Lindner die Ausgaben bei zwei Milliarden Euro deckeln wollte. Der Einigung war ein monatelanges Ringen vorangegangen.

Diakonie: Geld reicht nicht

Sozial- und Kinderschutzverbände reagierten verhalten bis enttäuscht. Die Präsidentin des Kinderschutzbundes, Sabine Andresen, urteilte, das Konzept der Regierung sei „mutlos und schafft nicht den erhofften Beitrag zur Bekämpfung der Kinderarmut“. Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, äußerte sich ebenfalls enttäuscht über den Kompromiss. Es seien zu viele Abstriche an den ursprünglichen Zielen der Kindergrundsicherung gemacht worden.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie erklärte, mit 2,4 Milliarden Euro mehr lasse sich keine armutsfeste Kindergrundsicherung schaffen. Der Paritätische Gesamtverband bemängelte, nennenswerte Leistungsverbesserungen seien offenbar nicht vorgesehen.