Alltag mit einem dementen Haustier

Der betagte Hund verhält sich seltsam, wird ängstlich, unruhig, orientierungslos, schläft schlecht: Dann kann es sein, dass er an Demenz erkrankt ist, Fachbegriff: kognitive Dysfunktion. Die Tierärztin Nina Meyerhoff arbeitet an der Klinik für Kleintiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover, wo eine Spezial-Sprechstunde für solche Symptome eingerichtet wurde. Sie weiß, was es heißt, wenn das Tier langsam dement wird.

epd: Wie beeinflusst eine Demenz das Verhältnis zwischen Mensch und Hund?

Nina Meyerhoff: Es kann sehr schön sein, wenn Tiere sehr alt werden und man viel Zeit mit ihnen verbringen kann. Dann ist es ein schönes Gefühl, dem Tier einen angenehmen Lebensabend zu bereiten. Viele Halterinnen und Halter berichten mir davon, wie intensiv die Beziehung zu ihrem Hund gerade im Alter ist. Aber die Schlafstörungen und die Unruhe im Falle einer kognitiven Dysfunktion können auch für alle Familienmitglieder sehr belastend und zehrend sein.

Zudem können neue Ängste bei den Tieren entstehen, zum Beispiel vor dem Alleinbleiben oder vor fremder Umgebung. Dann muss viel geplant und der Alltag auf die Bedürfnisse des Tieres umgestellt werden. Urlaub ist eventuell nicht mehr unkompliziert möglich. Die Erkrankung hat also soziale, finanzielle und eventuell sogar berufliche Folgen für viele Hundebesitzer. Manche wechseln sogar ins Home-Office, damit die Tiere nicht lange allein bleiben müssen. Freunde oder Verwandte oder auch der Arbeitgeber haben dann mitunter wenig Verständnis.

epd: Wie intensiv wird Ihre Sprechstunde für demente Kleintiere genutzt?

Meyerhoff: Wir haben jede Woche hier fünf oder mehr Fälle vor Ort und zusätzlich insbesondere auch viele Anfragen für telemedizinische Beratung. Meist für Hunde, aber wir helfen auch, wenn Katzen als dement gelten.

epd: Eine völlige Heilung gibt es nicht. Neben Medikamenten und spezieller Ernährung empfehlen sie auch eine angepasste Physiotherapie und Mobilisierung des Tieres. Wie sind ihre Erfahrungen damit?

Meyerhoff: Generell ist hier Tier-Physiotherapie sehr nachgefragt und wir erfahren sehr gutes Feedback, auch zu unseren Info-Veranstaltungen und Webinaren: Tierhalter haben große Lust, ihre Hunde altersgerecht „sinnvoll“ und mit Spaß zu beschäftigen. Oft geht dies ja auch ohne großen Aufwand und ohne hohe Kosten mit ansprechendem Spielzeug.