Alles bleibt anders: Jugendherbergen nach der Corona-Zeit

Jugendherbergen wurden in der Corona-Zeit schwer gebeutelt: Schulklassen blieben fern, das Personal wanderte ab. Nach dem Comeback der Klassenfahrten kämpfen Herbergen weiterhin mit Personalmangel.

Schulklasse bei der Ankunft in der Jugendherberge Burg Schwaneck in Pullach
Schulklasse bei der Ankunft in der Jugendherberge Burg Schwaneck in Pullachepd-bild / Rudolf Stumberger

Noch verdecken die Blätter an den Bäumen nicht die Zinnen, Türme und Giebel der Burg Schwaneck, der Frühling kommt in Pullach im Isartal erst in einigen Wochen. Aber die Kinder und Jugendlichen sind schon da. Im großen Rittersaal sitzt ein Dutzend Schüler im Kreis unter einem riesigen Leuchter. „Der Spuk ist vorbei“, sagt Burgherr Andreas Bedacht, „jetzt ist wieder Leben in den Räumen.“

Der Spuk – das war die Zeit, als Corona das öffentliche Leben weitgehend lahmlegte, auch die Jugendherberge Pullach. In dieser Zeit war in der Burg Schwaneck und anderen Jugendherbergen kein Kinderlachen mehr zu hören. Die Zahl der Übernachtungen fiel dramatisch, die Existenz der Häuser stand auf dem Spiel. Doch „dem Patienten geht es wieder gut“, sagt Marko Junghänel, Sprecher des Landesverbands Bayern des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH).

Die Rückkehr der Schulklassen

1,52 Millionen Übernachtungen wurden in Bayern im Jahr 2019 gezählt. Vergangenes Jahr waren es rund eine Million, in den Corona-Jahren 2020 und 2021 nicht einmal 500.000 Übernachtungen. Auch bundesweit stehen die Zeichen auf Erholung: 8,6 Millionen Übernachtungen gab es 2022 in allen Jugendherbergen, „damit erreichen wir erstmals wieder annähernd das Vor-Pandemie-Niveau“, sagt DJH-Hauptgeschäftsführer Oliver Peters.

Das Jugendherbergswerk ist ein gemeinnütziger Verein, gegründet vor 114 Jahren. Die Gründungsidee: Junge Menschen sollten, unabhängig von Herkunft und Geldbeutel, die Welt entdecken, Gemeinschaft erleben und dabei den Horizont erweitern. Schulklassen und Jugendgruppen sind die klassische Klientel der Herbergen, zu den Gästen zählen aber auch Familien mit Kindern.

Die Jugendherberge Burg Schwaneck in Pullach sucht nach der Corona-Zeit neues Personal
Die Jugendherberge Burg Schwaneck in Pullach sucht nach der Corona-Zeit neues Personalepd-bild / Rudolf Stumberger

In die Krise gebracht hatte die Jugendherbergen in der Corona-Zeit vor allem das Verbot von Klassenfahrten. „Die körperlichen und psychosozialen Folgen für Kinder, Jugendliche und deren Familien werden wir möglicherweise erst in einiger Zeit sehen“, sagt Klaus Umbach, Präsident des Landesverbands Bayern.
Bei der Burg Schwaneck lässt sich die Rückkehr der Schulklassen in Zahlen ausdrücken. 2022 wurden in der Jugendherberge wieder 18.000 Übernachtungen gezählt, vor Corona gab es allerdings zwischen 27.000 und 30.000 Übernachtungen im Jahr. Auf Bundesebene heißt es, das „Comeback“ der Klassenfahrten sei „vollends geglückt“. Rund 3,6 Millionen Übernachtungen aus dem Bereich Schule waren es im Vorjahr.

Gemischtes Fazit nach der Corona-Zeit

Das Haus in Pullach ist in erster Linie eine Bildungseinrichtung, die Seminare und Fortbildungen anbietet. Und in dieser Hinsicht kann Herbergsleiter Andreas Bedacht wieder aufatmen: „Die ganzen Stammgruppen sind wieder da.“ Am Wochenende war die Jugendherberge vom Bund der katholischen Jugend belegt, anschließend werden die 130 Betten von Schülerinnen und Schülern einer Mittelschule genutzt. Das Gemäuer ist in Wirklichkeit nicht so alt, wie es aussieht. Die Burg stammt aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, doch jeder Besitzer hat hier seine eigene Idee vom Mittelalter wahr werden lassen. Das abenteuerliche Ambiente der Burg ist wie gemacht für Kinder und Jugendliche auf Erkundungstour.

Die wieder steigenden Übernachtungszahlen sind eines, doch bleibt ein Erbe der Corona-Zeit bestehen: der Personalmangel. Bis zu einem Fünftel der Mitarbeiter in Bayern hat sich in der Krisenzeit beruflich anderweitig orientiert. Das ist in Pullach zu spüren, aber auch zum Beispiel in Bad Tölz. „Wir haben einen Personalmangel in allen Bereichen“, sagt der dortige Herbergsleiter Holger Strobel. Angesichts von Kurzarbeit und einer instabilen Arbeitssituation hätten sich etliche Mitarbeiter beruflich verändert.

Aber auch hier registriert man einen Nachholbedarf an Klassenfahrten. Strobel: „Wir sind bis in den Herbst hinein ausgebucht.“ Angesichts der Rückkehr der Schüler und der Personalprobleme zieht er ein gemischtes Fazit der Nach-Corona-Zeit: „Alles bleibt anders.“