Alexander Freier-Winterwerb: Politiker, Christ, queer
Der SPD-Politiker ließ sich als Erwachsener taufen und entschied sich aus politischen Gründen für die evangelische Kirche.
Alexander Freier-Winterwerb war 31 Jahre alt, als er sich 2018 taufen ließ. „Ich kam aus einem konfessionslosen Elternhaus. Aber ich hatte auch keine einfache Kindheit, habe Gewalt erlebt“, sagt er. Seit der Wahlwiederholung sitzt er für die SPD im Abgeordnetenhaus. Mit 15 sei er von zu Hause ausgezogen und wenig später wohnte er ganz auf sich allein gestellt. „Ich dachte schon damals, da muss jemand sein, der auf mich aufpasst.“
2017 gab es weitere Impulse für Freier-Winterwerbs Religiosität. „Mein bester Freund starb. Das war eine Krise für mich und ich fragte mich, ob er jetzt einfach weg ist, oder ob wir uns noch einmal wiedersehen. Ich habe mich für die zweite Variante entschieden.“ In derselben Zeit musste Freier-Winterwerb als Schöffe am Berliner Landgericht einen Eid sprechen und entscheiden, ob er das mit oder ohne religiöse Beteuerung tut. Er sprach den Eid mit Gottesbezug und entschied danach, sich taufen zu lassen.
Eine politische Frage
Die Entscheidung für die evangelische Kirche war allerding für den Mann, der schon damals in der SPD aktiv war, weniger eine Glaubens- als eine politische Frage. „Evangelische oder katholische Kirche, Judentum oder Islam – damit habe ich mich beschäftigt. Aber ich fand, dass in der Evangelischen Kirche, zumindest in Berlin, die Themen besprochen werden, die mir wichtig sind.“
Damit meint der Politiker, der offen schwul lebt, beispielsweise das Bekenntnis zur Ehe für alle, die Unterstützung für Dissidenten während der DDR, aber auch den Umgang der evangelischen Kirche mit den Erfahrungen im Nationalsozialismus. Auch bei ernsten Themen strahlt der Politiker gute Laune aus. Man spürt, dass er mit seinem Engagement andere Menschen mitzunehmen versteht. Dabei ist er klar in seiner Haltung: „Würde ich in Sachsen oder Baden-Württemberg leben, hätte ich mich definitiv nicht für die Evangelische Kirche entschieden“, fügt er schnell hinzu. „Denn die sind mir dort zu weit rechts.“
Die Taufkirche war voll
Getauft wurde Freier-Winterberg in der Kirchengemeinde Alt-Treptow. „Ich hatte vorher zwei Gespräche mit dem Pfarrer, der meine Motivation nachvollziehen wollte“, sagt er. An seine Taufe denkt er gern zurück. „Die Kirche war voll. Es waren viele Menschen gekommen, die mir wichtig sind.“ Heute engagiert er sich im Gemeindekirchenrat. Darüber hinaus will er das in der Kirche nicht tun. „Für mich sind die Strukturen immer noch undurchsichtig.“
„Völlig akzeptiert“
In der SPD-Fraktion ist der 36-Jährige jugendpolitischer Sprecher. Er engagiert sich aber auch für die Belange von Schwulen und Lesben. Das tat er bereits als Schüler im Netzwerk „Schule ohne Rassismus“. Und in der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) gefällt ihm, dass die Belange queerer Menschen „völlig akzeptiert sind“, wie er es ausdrückt. „Die Kirche macht beim CSD mit. In Adlershof gab es eine Andacht für queere Menschen. Und die kirchliche Eheschließung gleichgeschlechtlicher Partner war hier sogar schon ein Jahr eher möglich als die staatliche.“ Neben seiner Tätigkeit als Politiker hat sich Freier-Winterberg entschieden, endlich sein Studium fortzusetzen. Er hatte sich als Lehrer für Arbeitslehre und Geschichte ausbilden lassen, danach aber noch ein Masterstudium in Religion und Kultur begonnen.