Die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) bewertet die Ehrung der Nato mit dem Westfälischen Friedenspreis kritisch. Zurzeit setze das Bündnis rein auf militärische Stärke, Fragen der Rüstungskontrolle oder der Abrüstung würden überhaupt nicht mehr in den Blick genommen, teilte AGDF-Geschäftsführer Jan Gildemeister dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag in Bonn mit. Die Wirtschaftliche Gesellschaft für Westfalen und Lippe hatte am Mittwochabend die Auszeichnung für die Nato bekannt gegeben.
In einer Zeit globaler Unsicherheit schaffe sie Verlässlichkeit, fördere Partnerschaft und ermögliche Frieden durch Stabilität, erklärte die Wirtschaftliche Gesellschaft für Westfalen und Lippe. Stellvertretend für die Nato werde ihr Generalsekretär Mark Rutte die Auszeichnung entgegennehmen. Unter der Führung von Rutte zeige das Bündnis, „dass militärische Stärke und Friedenssicherung kein Widerspruch sind, sondern sich gegenseitig bedingen“. Der mit insgesamt 100.000 Euro dotierte Preis wird im kommenden Jahr im Historischen Rathaus zu Münster verliehen.
Gildemeister erklärte, dass er die Begründung „nur schwerlich nachvollziehen“ könne. Als die Nato im Jahr 1979 ihren Doppelbeschluss gefasst habe, habe sie dies mit einem Abrüstungsangebot an den damaligen Warschauer Pakt verknüpft. „Heute werden ohne solche Angebote an Russland US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland stationiert“, betonte er. „Das schafft mehr Unsicherheit als Sicherheit.“ Auch verzichte die Nato bisher nicht auf einen nuklearen Erstschlag. Stattdessen beteilige sie sich an einem neuen Rüstungswettlauf.
Kritisch bewertete der AGDF-Geschäftsführer auch die Partnerschaftsbegründung. Gerade mit einem US-Präsidenten Donald Trump sei das Bündnis „ganz besonderen Belastungen ausgesetzt“. Viele europäische Nato-Mitglieder blickten zurzeit eher auf die Europäische Union als auf Unterstützungszusagen der USA. Auch die Türkei zeigte sich „aktuell sicher nicht als guter Partner“, betonte Gildemeister. Gemeinsame Sicherheit könne es nur im Kontext der Vereinten Nationen geben, weniger mit der Nato.
Die Wirtschaftliche Gesellschaft für Westfalen und Lippe vergibt zudem einen Jugendpreis, der dieses Mal an „SocioMovens, Giving Europe a Soul“ geht. Das Jugendnetzwerk mit Wurzeln in Mittel- und Osteuropa fördere soziales Engagement, europäische Verständigung und eine werteorientierte Jugendkultur, hieß es. In internationalen Jugendcamps und Projekten werde der Geist eines solidarischen, friedlichen Europas vermittelt.
Der Westfälische Friedenspreis wird in der Regel alle zwei Jahre von der Wirtschaftlichen Gesellschaft für Westfalen und Lippe vergeben. Unter den bisherigen Preisträgern sind die inzwischen gestorbenen Altbundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) und Helmut Kohl (CDU), der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan und der Dirigent Daniel Barenboim. Zuletzt wurde 2024 der französische Staatspräsident Emmanuel Macron ausgezeichnet. Einen Sonderpreis erhielt im April 2025, wenige Wochen vor ihrem Tod, die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer. Die Auszeichnung erinnert an den Friedensschluss in Münster und Osnabrück, der 1648 den Dreißigjährigen Krieg beendete.