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Nach Störung bei Weidel-Interview: Polizei leitet zwei Verfahren ein

Nach der Störaktion des Künstlerkollektivs „Zentrum für Politische Schönheit“ beim ARD-„Sommerinterview“ mit AfD-Chefin Alice Weidel hat die Polizei zwei Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Diese richten sich gegen eine 64-Jährige und einen 39-Jährigen, da die Aktion am Sonntag nicht angemeldet war, wie die Berliner Polizei am Montag mitteilte. Das Künstlerkollektiv hatte in unmittelbarer Nähe des Interview-Ortes am Berliner Spree-Ufer über den umgebauten ehemaligen Gefangenentransporter „Adenauer SRP+“ lautstark Musik abgespielt.

Nach Polizeiangaben hatten sich gegen 15 Uhr rund 40 Teilnehmer versammelt, um gegen die AfD zu protestieren. Die 64-Jährige habe sich beim Eintreffen der Einsatzkräfte als Versammlungsleiterin einer sogenannten Spontankundgebung zum Thema „Keine Bühne der AfD“ zu erkennen gegeben.

Der Bus des „Zentrum für Politische Schönheit“ (ZPS) habe im Halteverbot neben dem Reichstagsgebäude gestanden. Das ARD-Interview fand gegenüber auf dem anderen Spreeufer statt. Der 39-Jährige, der als Kontaktperson am Bus angegeben war, wurde von den Einsatzkräften demnach telefonisch zum Fahrzeug gebeten. Vor Ort habe er angegeben, nicht der Fahrer zu sein und den Bus nicht bewegen zu können.

Laut Polizei beeinträchtigten die Schallemissionen von der festinstallierten Lautsprecheranlage, die sich „inhaltlich gegen die AfD“ richteten, den Verkehr und die öffentliche Ordnung. Der 39-Jährige habe die Beschallung nach Aufforderung beendet.

Ein Sprecher des Aktionskünstlerkollektivs erklärte dem Evangelischen Pressedienst (epd) hingegen, es seien keine polizeilichen Maßnahmen ergriffen worden. Man habe sich mit den zuständigen Behörden abgestimmt. Zum Ablauf der Aktion teilte die ironisch auftretende Gruppierung mit, eine Person sei auf Toilette gewesen und habe vergessen, „das Autoradio am Adenauer SRP+ abzustellen“.

Die Aktionskünstler werteten die Störaktion als Erfolg. Das Interview sei „das perfekte Sinnbild für den Zustand unserer Gesellschaft“, sagten Vertreter der Gruppe dem Nachrichtenportal „watson“. Die Aktivisten kritisierten demnach das Gespräch als solches, bei dem der interviewende Journalist „weder sich selbst noch den neuen Faschismus“ verstehe. Das Kollektiv plane noch weitere Aktionen.

Die Polizei erklärte indes, man sei gesetzlich verpflichtet, „bei nicht angezeigten Versammlungen sowie bei möglichen Störungen der öffentlichen Sicherheit Lage-angemessen und verhältnismäßig einzuschreiten“. Es sei versucht worden, die spontane Ausübung grundsätzlich geschützter Meinungsäußerung als auch einen geordneten Ablauf des Interviews zu gewährleisten. Die Polizei habe in dieser Lage „unparteiisch, deeskalierend und von der geltenden Rechtslage gedeckt“ gehandelt, hieß es.

Das „Zentrum für politische Schönheit“ fällt immer wieder mit Aktionen an der Schnittstelle zwischen Kunst und Politik auf. So errichteten die Aktionskünstler 2017 neben dem Wohnhaus des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke ein Holocaust-Mahnmal. 2015 legten sie in Berliner Parks und auf Grünflächen symbolische Gräber für im Mittelmeer ertrunkene Flüchtlinge an.