Ärztin Hänel: Paragraf 218 hat “nur Elend gebracht”
Die Gießener Ärztin Kristina Hänel hat sich auf einer Veranstaltung für die Abschaffung des Strafrechtsparagrafen 218 bei Schwangerschaftsabbrüchen ausgesprochen. „Wir in der täglichen Praxis erleben ständig die Auswirkungen des Paragrafen 218“, sagte Hänel am Montagabend in Gießen. Keine Strafandrohung habe in der Geschichte etwas bewirkt. Der Paragraf habe „nur Elend gebracht“.
Paragraf 218 des Strafgesetzbuches stellt den Schwangerschaftsabbruch unter Strafe. Abtreibungen bleiben nach verpflichtender vorheriger Beratung der Schwangeren bis zur zwölften Schwangerschaftswoche aber straffrei. Im April hatte eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission die Entkriminalisierung von Abtreibungen empfohlen. Danach solle ein Abbruch in den ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft legal sein.
Bei einer Abschaffung des Paragrafen 218 sei entscheidend, dass Schwangerschaftsabbrüche dann nicht mehr rechtswidrig seien, sagte Hänel am Rande der Veranstaltung dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nur noch ein Mensch, nämlich die Mutter, könne über den Abbruch entscheiden. Ärzte würden keine potenzielle Straftat mehr begehen. „Ein Teil der Sorge vor Stigmatisierung und Angriffen würde dann wegfallen.“ Damit könnte sich auch die Versorgungslage für Frauen, die eine Schwangerschaft abbrechen wollen, verbessern.
Kristina Hänel wurde vor einigen Jahren bundesweit bekannt, als sie wegen des damals noch gültigen Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche verurteilt worden war. Die Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen habe die schlechte Versorgungslage nicht behoben, sagte Hänel in der Veranstaltung. Sie selbst werde 68 Jahre alt, arbeite aber immer noch voll. Das habe hauptsächlich damit zu tun, dass andere Ärzte in der Region keine Abbrüche durchführten. Viele Ärzte aus ihrer Generation fielen aus Altersgründen jetzt weg.
Schwangerschaftsabbrüche blieben menschlich und ethisch immer ein schwieriges Thema. Es gehe aber darum, das Leben der Frau, „wenn sie diesen Schritt geht“, bestmöglich zu schützen. In ihrer Praxis komme es jede Woche mehrfach vor, dass Frauen sexuelle Gewalt erlebt haben.
Zu der Veranstaltung am Montagabend hatte der Gießener SPD-Bundestagsabgeordnete Felix Döring eingeladen.