Die Ärztekammer Niedersachsen hält die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Post-Covid-Syndrom im Land für nicht ausreichend. Nötig seien mehr Forschung und spezialisierte Versorgungseinrichtungen zur Unterstützung der behandelnden Ärztinnen und Ärzte, forderte die Kammer am Mittwoch in Hannover.
In Niedersachsen wurden laut Ärztekammer seit dem ersten bestätigten Fall vor fünfeinhalb Jahren rund vier Millionen Infektionen mit Covid-19 offiziell registriert. Studien verwiesen darauf, dass fünf bis zehn Prozent der Erkrankten von Long-Covid betroffen seien. Dabei gebe es kein einheitliches Krankheitsbild. Deshalb müssten spezialisierte Angebote gestärkt werden.
Spezialisierte Ambulanzen mit interprofessionellen Teams leisteten die entscheidende Unterstützung der Haus- und Fachärztinnen und -ärzte, sagte Vega Gödecke, Oberärztin an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Doch aktuell gebe es in Niedersachsen nur zwei solcher Angebote, eins an der MHH sowie eins an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Ein weiterer Ausbau sei nötig.
Die stellvertretende Kammer-Präsidentin, Marion Charlotte Renneberg, betonte, die Einrichtung spezialisierter Versorgungsangebote sei auch angesichts der zum Teil sehr aufwändigen Diagnostik notwendig. Oft erhielten die Patientinnen und Patienten erst nach langer Zeit eine Diagnose. „Menschen mit Post-Covid-Syndrom erleben oft eine Benachteiligung. Ihre Beschwerden werden nicht gesehen oder sie werden ohne hinreichende Grundlage in den Bereich der psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen einsortiert.“
Nötig sind aus Sicht der Mediziner deshalb auch eine erhöhte Aufmerksamkeit für das Krankheitsbild und mehr Forschung. Zu vermuten sei, dass viele Fälle noch gar nicht bekannt seien und die Betroffenen entsprechend nicht ausreichend versorgt würden, erläuterte Karin Weissenborn von der Klinik für Neurologie der MHH. Sie gehört zu den Koordinatorinnen eines Projektes, das die Häufigkeit von schweren Post-Covid-Verläufen ermitteln soll. Die Ärztekammer hat den Angaben zufolge am Mittwoch eine Fortbildung zum Thema veranstaltet, zu der sich 290 Ärztinnen und Ärzte angemeldet hatten.