Ade, Sonntagsgottesdienst?

Die evangelische Kirche empfiehlt, über den Fortbestand des Gottesdienstes am Sonntagmorgen nachzudenken. Warum das richtig ist – und was man dabei unbedingt beachten muss

Sonntagvormittag. Gottesdienst. Die Menschen sitzen beisammen, rund eine Stunde lang. Etwa ein Drittel der Zeit lauschen sie der Predigt. Sie singen die vertrauten Lieder, sprechen die vertrauten Gebete, geben einander ein Zeichen des Friedens. Und am Ende der Pfarrerin oder dem Pfarrer zum Abschied die Hand.

Etwa 30 bis 40 Menschen dürften es im Durchschnitt sein, die zum Sonntagsgottesdienst zusammenkommen. Mal mehr. Mal weniger. Die Frage, die sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) stellt: Lohnt dafür der Aufwand? Zeit, Geld, Personal?
In einer neuen Studie empfiehlt sie ihren Gemeinden, „vielerorts engagierter und ergebnisoffener“ über den Fortbestand des regelmäßigen Sonntagsgottesdienstes zu diskutieren.

Tatsächlich dümpelt der Gottesdienst oft vor sich hin – trotz allen Engagements, das an vielen Orten anzutreffen ist. Jeder prüfe sich selbst: Gehe ich zum Gottesdienst? Drei von 100 Gemeindegliedern, sagt der Taschenrechner, mehr sind es nicht, die am Sonntag den Weg in die Kirche finden.

Woran liegt das? Sicherlich auch am Termin: Der Sonntagvormittag ist vielen heilig – allerdings als Zeit zur freien Verfügung. Ausschlafen. Spät frühstücken. Sich mit Freunden treffen. Ausflug machen – da hat der Gottesdienst offenbar nicht den Hauch einer Chance.

Und wenn die Leute dann doch mal kommen? Zur Taufe, Trauung oder Konfirmation? Das allerbeste, was man dann zu hören bekommen kann: Ach, war ja gar nicht so langweilig. Und manchmal, ja manchmal sind die Menschen sogar begeistert. Aber: Kommen sie deshalb wieder?

Der Autor dieser Zeilen versucht seit Jahrzehnten daran mitzuwirken, dass Gottesdienste nicht nur inhaltlich korrekt, sondern auch flott und ansprechend sind. Die Lehre aus einem halben Jahrhundert intensiver Erfahrung: So gut kann man einen Gottesdienst gar nicht gestalten, dass allein er die Menschen in die Kirche bringt. Zumal am Sonntagmorgen und dann noch auf Dauer.

Was aber bringt die Menschen in die Kirche? Eine These: Das Leben in der Gemeinde. Das, was die Gemeindeglieder gemeinsam machen. Unternehmen. Veranstalten. Und davon ist der Gottesdienst nur ein kleiner Teil. Es geht also nicht nur darum, den Gottesdienst attraktiv zu gestalten. Sondern auch um seine Stellung in der Gesamtstrategie einer Gemeinde.

Wie also mit dem Gottesdienst umgehen? Das ist eine gewaltige Herausforderung. Zu groß für die einzelne Gemeinde. Zu groß für eine Landeskirche. Hier, an dieser Stelle, muss die EKD weitermachen. Und nicht den Gemeinden sagen: Entscheidet ihr mal selbst.

Den Gottesdienst neu denken. In Form, Termin, Anlass. An manchen Stellen vielleicht auch als „Hauptgottesdienst“ bestehen lassen. Auch mal abspecken und dafür eine andere Veranstaltung am Samstag oder Sonntagabend, die anders ist, aber auch Gottesdienst. Dazu die Stellung in der Gesamtstrategie einer Gemeinde ­– die Studie war ein Startschuss. Jetzt muss es weitergehen.