Abschiebung nach Afghanistan laut Innenministerin “rechtssicher”
Eine Woche nach der tödlichen Messerattacke von Solingen startet Deutschland einen härteren Kurs in der Asylpolitik. Erstmals seit drei Jahren wurden Menschen wieder nach Afghanistan abgeschoben. Dagegen gibt es Protest.
Mit der Abschiebung von 28 afghanischen Geflüchteten aus Deutschland hat die Bundesregierung Fakten geschaffen. “Wir haben das Recht durchgesetzt und Straftäter aus Afghanistan zurück geschoben”, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach einer Sitzung des Bundestagsinnenausschuss am Freitag. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) begrüßten die Abschiebung. Menschenrechtler zeigten sich über das Vorgehen entsetzt.
Faeser betonte, dass die Abschiebungen “immer nur rechtssicher” durchgeführt würden. “Es gibt kein Abschiebestopp in Afghanistan, der das verhindert hätte”, und sie gehe davon aus, dass die Abgeschobenen dort sicher seien, so Faeser weiter. Für die Abschiebung sei mit Partnern verhandelt worden, nicht mit der Taliban direkt. Solche Gespräche mit Partnern sollten auch in der Zukunft und für weitere Abschiebungen stattfinden.
Abgeschoben wurden am Freitag laut Bundesregierung afghanische Staatsangehörige, die sämtlich verurteilte Straftäter waren, die kein Bleiberecht in Deutschland hatten und gegen die Ausweisungsverfügungen vorlagen. Zu den ausgewiesen Straftätern gehörte ein aus Rheinland-Pfalz abgeschobener Afghane, der als Sexualstraftäter zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Auch ein Sexualstraftäter aus Baden-Württemberg wurde abgeschoben.
Die Abschiebung fand nach dreijährigem Abschiebestopp infolge der Machtübernahme der Taliban statt. Die Bundesregierung strebt unter anderem an, Straftäter nach Afghanistan und Syrien abzuschieben. Auch der Attentäter von Solingen, der mehrere Menschen erstach und schwer verletzte, hätte bereits abgeschoben werden sollen. Er stammte aus Syrien und hätte laut Dublin-Regelung nach Bulgarien als Ersteinreiseland abgeschoben werden sollen.
Menschenrechtler kritisierten die Abschiebung scharf. “Niemand ist in Afghanistan sicher”, beklagte die Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, Julia Duchrow. “Menschenrechte haben wir alle – und niemand darf in ein Land abgeschoben werden, wo Folter droht”, führte Duchrow aus. Schiebe Deutschland nach Afghanistan ab, bestehe das Risiko, zum Komplizen der Taliban zu werden. Sie verwies auf Hinrichtungen, das Verschwindenlassen von Menschen und Folter in dem asiatischen Land.
Jegliche Abschiebungen nach Afghanistan sind auch nach Ansicht von Pro Asyl angesichts massiver Menschenrechtsverletzungen völkerrechtswidrig. Deutschland schiebe nun in ein Land ab, in dem allein im Juni mehr als 60 Menschen etwa mit Verweis auf Homosexualität ausgepeitscht wurden, kritisierte die Organisation.
Von einer “Bankrotterklärung für den Rechtsstaat” sprach dabei der flüchtlingspolitische Sprecher von Pro Asyl, Tareq Alaows. “Eine Zusammenarbeit mit den Taliban – auch über Bande – fördert Terrorismus und Islamismus”, sagte er.