Abgeordnete planen neuen Anlauf zur Regelung von Sterbehilfe

Wenn es um Beihilfe zum Suizid geht, ist Deutschland derzeit eine rechtliche Grauzone. Abgeordnete planen deshalb einen neuen Anlauf für ein Gesetz. Es gilt, Missbrauch zu verhindern.

Bundestagsabgeordnete mehrerer Parteien sehen dringenden Regelungsbedarf bei der Sterbehilfe in Deutschland. Sie planen nach einem Bericht des “Tagesspiegel” (Mittwoch) einen neuen Anlauf, um die Beihilfe zum Suizid rechtlich zu regeln. Derzeit finde Sterbehilfe in einem rechtlichen Graubereich statt, kritisieren sie.

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung gekippt und ein weitreichendes Recht auf selbstbestimmtes Sterben formuliert. Seitdem dürfen Sterbehilfeorganisationen wieder Suizidbeihilfe anbieten; die Zahl der begleiteten Suizide ist zuletzt deutlich angestiegen.

Zugleich hatten die Karlsruher Richter aber dem Gesetzgeber ermöglicht, einen rechtlichen Rahmen für Suizidbeihilfe zu entwickeln. Es müsse verhindert werden, dass Menschen die Entscheidung zum Suizid vorschnell, auf äußeren Druck oder aufgrund einer Depression treffen. Im Sommer 2023 konnte sich der Bundestag nicht auf eine Regelung einigen. Alle drei parteiübergreifenden Gesetzentwürfe sahen Beratungspflichten, Schutzfristen und ein Vier-Augen-Prinzip bei den Ärzten vor. Der zentrale Unterschied war, dass die Gruppe um den Abgeordneten Lars Castellucci (SPD) die Suizidbeihilfe weiter über das Strafrecht regeln wollte. Sterbehilfe durch Sterbehilfevereine sollte nur unter engen Voraussetzungen straffrei bleiben.

Laut “Tagesspiegel” arbeiten sowohl eine Parlamentariergruppe um die FDP-Politikerin Katrin Helling-Plahr als auch eine Gruppe um Castellucci wieder an einem neuen Gesetzentwurf. Auch eine neue Gruppe, angeführt von Armin Grau (Grüne), versuche, einen Rechtsrahmen für die Beihilfe zum Suizid zu formulieren.

Grau sagte der Zeitung, seine Gruppe wolle eine Regelung vorlegen, die dem Recht auf selbstbestimmtes Sterben gerecht werde und gleichzeitig ein angemessenes Schutzkonzept für Suizidwillige beinhalte.

Helling-Plahr betonte: “Nach umfangreichen Diskussionen mit Abgeordneten aus allen demokratischen Fraktionen und Gruppen befinden wir uns wieder in der inhaltlichen Arbeit an einem liberalen Sterbehilfegesetz.” Ziel sei es, noch in dieser Legislaturperiode eine Regelung auf den Weg zu bringen, die von einer breiten Mehrheit getragen werde. “Dies gilt es in den kommenden Monaten auszuloten.”

Anfang April hatte das Berliner Landgericht einen Arzt wegen unzulässiger Beihilfe zum Suizid zu drei Jahren Gefängnis wegen Totschlags verurteilt. Dem 74-Jährigen war vorgeworfen worden, in zwei Fällen einer an einer schweren Depression leidenden Frau Medikamente zur Selbsttötung überlassen zu haben. Am 1. Februar hatte das Landgericht Essen in einem ähnlichen Fall ebenfalls einen Arzt zu drei Jahren Haft verurteilt.