6.000 Zivilisten seit dem Putsch in Myanmar ermordet

Vor zwei Jahren riss das Militär in Myanmar die Macht an sich. Die gewaltsame Niederschlagung von Protesten hat zu tausenden Toten geführt. Das ergibt eine Studie – die noch mehr Opfer befürchtet.

Protestierende in Myanmar mit dem Drei-Finger-Handzeichen des Widerstands gegen die Militärregierung
Protestierende in Myanmar mit dem Drei-Finger-Handzeichen des Widerstands gegen die MilitärregierungImago / NurPhoto

In den ersten 20 Monaten nach dem Militärputsch in Myanmar im Jahr 2021 sind mindestens 6.000 Zivilisten getötet worden. Dies sei deutlich mehr, als von internationalen Organisationen und den Vereinten Nationen gemeldet, hieß es in einer Pressemitteilung des Friedensforschungsinstituts Oslo (PRIO).

Obwohl die meisten Toten auf das Konto der Militärjunta gingen, hätten auch Anti-Junta-Kräfte „große Mengen Blut an ihren Händen“, sagte Stein Tönnesson, Co-Autor der neuen PRIO-Studie „Zählung der Toten Myanmars – gemeldete zivile Opfer seit dem Militärputsch 2021“.

Sorge vor Parlamentswahlen

Militär, Polizei und mit ihnen verbündete Milizen Myanmars seien zwischen dem Putschtag 1. Februar 2021 und dem 30. September 2022 für Todesfälle von über 3.000 Zivilisten verantwortlich gewesen, heißt es. Im gleichen Zeitraum seien über 2.000 Zivilisten durch Widerstandsgruppen und mindestens 1.000 Zivilisten durch unbekannte Täter ums Leben gekommen. Mindestens 67 Prozent der getöteten Zivilisten seien Opfer politischer Morde gewesen.

Das Forschungsinstitut befürchtet für dieses Jahr eine weitere Zunahme der Gewalt durch den Plan der Junta, in der zweiten Jahreshälfte Parlamentswahlen abzuhalten. Von der Wahl sind die Nationale Liga für Demokratie (NLD) und andere wichtige Oppositionsparteien ausgeschlossen. Es habe bereits Berichte über Vorfälle und Drohungen gegen Beamte der Wahlkommission gegeben.

Anhaltender Widerstand gegen Putsch

Min Zaw Oo, Direktor des „Myanmar Institute of Peace and Security“, sagte: „Die Zivilbevölkerung in Myanmar bereitet sich auf eine starke Eskalation der Gewalt vor. Wenn der Bürgerkrieg auf die nächste Stufe eskaliert, besteht ein enormes Potenzial für politische Morde mit groß angelegten Vergeltungsmorden.“

Die NLD hatte die beiden freien Wahlen von 2015 und 2020 mit Erdrutschsiegen gewonnen. Am 1. Februar 2021 putschte sich das Militär wenige Stunden vor der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments an die Macht. Die Generäle wurden jedoch von dem bis heute anhaltenden friedlichen, aber auch bewaffneten Widerstand gegen ihren Staatsstreich überrascht.

Bewaffnete Milizen der ethnischen Minderheiten sowie die Einheiten der „Volksverteidigungsarmee“ der demokratischen Schattenregierung „National Unity Government“ haben den Truppen der Junta schwere Verluste zugefügt. In der Metropole Yangon kommt es immer häufiger zu Anschlägen auf Unterstützer und Einrichtungen der Junta durch Stadtguerillagruppen.