372.000 Menschen wegen Wohnungslosigkeit von Behörden untergebracht

Ende Januar waren rund 370.000 wohnungslose Personen in Einrichtungen der Kommunen und der Freien Wohlfahrtspflege untergebracht. Verbände fordern, schnell mehr Sozialwohnungen zu bauen.

Flüchtlinge aus der Ukraine sind vorübergehend in Turnhallen untergekommen, wie hier in Lorsch (Hessen)
Flüchtlinge aus der Ukraine sind vorübergehend in Turnhallen untergekommen, wie hier in Lorsch (Hessen)Imago / Gutschalk

Zum Stichtag 31. Januar des laufenden Jahres waren in Deutschland etwa 372.000 wohnungslose Menschen in Einrichtungen der Kommunen und der Freien Wohlfahrtspflege untergebracht. Damit habe sich die Zahl gegenüber dem Vorjahr (178.000 Personen) zwar deutlich erhöht. Das sei jedoch zum Teil auf eine Verbesserung der Datenmeldung durch die beteiligten Stellen im zweiten Jahr der Erhebung der Statistik zurückzuführen, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Diakonie, Paritätischer Wohlfahrtsverband und Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe riefen die Politik zum Handeln auf.

Wie das Bundesamt weiter mitteilte, wurden 2023 knapp 130.000 geflüchtete Menschen aus der Ukraine in der Statistik erfasst, die im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommen sind. Das entspreche rund einem Drittel aller untergebrachten wohnungslosen Personen.

Wohnungslosigkeit – ein lösbares Problem

Die Statistik erfasst Menschen, denen zum Stichtag behördlicherseits Räume oder Wohnungen überlassen oder Übernachtungsgelegenheiten zur Verfügung gestellt worden sind, ohne dass das durch einen eigenen Mietvertrag, einen Pachtvertrag, Eigentum oder vergleichbare Rechte abgesichert ist. Sie registriert jedoch nicht Menschen, die auf der Straße leben oder vorübergehend bei Freundinnen, Bekannten oder der Familie untergekommen.

Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, sagte in Berlin, Wohnungslosigkeit sei kein Schicksal, sondern ein lösbares Problem. „Der angekündigte Nationale Aktionsplan der Bundesregierung muss konkrete Maßnahmen enthalten und darf sich nicht bloß auf Absichtserklärungen beschränken.“ Es brauche einen Neustart für eine soziale Wohnungspolitik, die den Zugang zu Wohnraum für wohnungslose Menschen gewährleiste.

Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband mahnte stärkere Anstrengungen im Wohnungsbau an. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider sagte, wer in einer Notunterkunft leben müsse, sei auf dem Wohnungsmarkt meist chancenlos. Angesichts der Nachricht über einen weiteren Rückgang des Sozialwohnungsbestandes zu Beginn der Woche seien die neuen Daten noch alarmierender.

Werena Rosenke, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, nannte den massiven Anstieg untergebrachter wohnungsloser Menschen einen deutlichen Ausdruck der Wohnungskrise in Deutschland: „Es fehlt überall an bezahlbaren und sozialgebundenen Wohnungen.“

Auslöser sind Kündigungen oder Erkrankungen

Die Statistik zeige einen bedeutenden Teilbereich der Wohnungslosigkeit, gebe jedoch keinen vollständigen Überblick, sagte Rosenke: „Aus den Daten der Dienste und Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe geht hervor, dass knapp 70 Prozent der akut wohnungslosen Menschen vorübergehend bei Freunden, Bekannten oder bei ihrer Herkunftsfamilie Unterkunft suchen, prekäre Mitwohnverhältnisse eingehen oder ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben.“

Es wäre ein Trugschluss, Wohnungslosigkeit auf Flucht und Migration zurückzuführen, erklärte die Geschäftsführerin: „Kündigungen, Mietschulden, Erkrankungen oder häusliche Gewalt sind wichtige Gründe und Auslöser von Wohnungslosigkeit.“