35 Jahre Klub Einblick und die Sorge vor dem Rechtsruck

Der Klub Einblick in Schwerin feiert am 23. November sein 35-jähriges Jubiläum. Doch die Feierstimmung beim queeren Kommunikations- und Beratungszentrum wird von Meldungen über Ereignisse wie den Brandanschlag auf die queere Rostocker Bar B7 oder die Diskussionen um das Hissen der Regenbogenflagge vor dem Neubrandenburger Bahnhof getrübt, sagte der Vorsitzende Christian Wendt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Mit Blick auf die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung sorgt sich der 31-Jährige um die Arbeit seines Vereins und lädt alle Menschen zum Kennenlernen seiner Arbeit ein.

epd: Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung?

Christian Wendt: Die aktuelle Entwicklung geht in die falsche Richtung. Wir erleben derzeit einen ordentlichen Rechtsruck in der Gesellschaft und setzen uns zusammen dafür ein, diesem entgegenzuwirken. Wir möchten ein offenes buntes Schwerin oder Mecklenburg-Vorpommern sein, wir wollen eine bunte Welt und dass jeder Mensch in der Gesellschaft so angenommen wird, wie er ist. Das würde mir schon reichen. Ich mache mir Sorgen, dass dieser Rechtsruck noch weiter ansteigt, dass wir durch rechte Parteien an den Rand gedrängt werden, dass unsere Arbeit nicht mehr unterstützt wird und wir dadurch unseren Verein vielleicht sogar eines Tages schließen müssen. Das ist tatsächlich die größte Angst, die tief im Inneren da ist.

epd: Hat der Klub Einblick auch schon Anfeindungen erlebt?

Wendt: Es gab tatsächlich eine kleine Gegendemonstration während unseres Christopher Street Days in diesem Jahr. Wir haben während unserer Demonstration erfahren, dass sich rechtsradikale Menschen am Grunthalplatz vor dem Hauptbahnhof versammelt haben. Gott sei Dank war es nur eine kleine Anzahl, die von der Polizei zusammengehalten worden sind, sodass wir weiterhin ungestört unsere bunte Demonstration durch Schwerin fortführen konnten.

Es ist natürlich erschreckend und wir hoffen, dass es sich in den nächsten Jahren wieder verbessert, dass der Rechtsruck zurückgeht. Doch zurzeit ist es ziemlich schwierig. Das haben wir jetzt vor Kurzem in Rostock gesehen, der Brandanschlag auf das B7. Das macht mich tatsächlich sehr traurig, dass queere Menschen immer noch so an den Rand der Gesellschaft gestellt werden. Aber umso besser war, dass über 1.500 Menschen in Rostock dann bei einer Demonstration waren und damit gezeigt haben, dass wir queeren Menschen nicht am Rande der Gesellschaft, sondern in der Mitte der Gesellschaft sind.

Wir selbst haben in den vergangenen Jahren zwei Attacken erlebt. Bei der einen können wir nicht so ganz sagen, ob sie queerfeindlich gemeint war, das war ein Graffiti, aber die Kombination aus Zahlen und Buchstaben konnte niemand entschlüsseln. Ein Täter konnte nicht ausfindig gemacht werden. 2023 hatten wir einen großen Sachschaden. Jemand hatte an der Eingangstür die Scheibe eingeschlagen und es wurde natürlich auch polizeilich gemeldet, jedoch auch wieder eingestellt mangels Beweisen. Nach wie vor haben wir, wie in Rostock, immer wieder mit Anfeindungen zu kämpfen, aber davon lassen wir uns nicht unterkriegen, wir machen weiter und bleiben stark.

epd: Was sind die wichtigsten Aufgaben und Angebote des Klub Einblick?

Wendt: Die Beratung für queere Menschen oder Angehörige zu Themen wie sexueller Gesundheit oder Coming-out. Wir sind für junge Leute da, die zum Beispiel zu Hause Probleme haben, weil sie sich gerade geoutet haben, die dadurch vielleicht Probleme in der Gesellschaft bekommen haben. Wir arbeiten unter anderem eng mit dem Jugendamt zusammen, das dann gemeinsam mit uns vermitteln kann. Wir beraten, wie wir mit jungen Menschen umgehen, ob sie irgendwo unterbringen können, wenn sie zu Hause rausgeflogen sind, weil die Eltern tatsächlich damit nicht klarkommen. Gott sei Dank passiert das nicht mehr so oft, aber auch für den Einzelfall müssen wir eben da sein.

Wir nehmen mit unserem Infostand an Veranstaltungen teil. Bekommen da auch viele offene Fragen gestellt, die wir Passanten, Mitbürgern und Mitmenschen beantworten. Und wir freuen uns natürlich auch darüber, dass wir dadurch zur Aufklärung beitragen und vielleicht auch zu mehr Akzeptanz und Gleichstellung in der Gesellschaft. Unser Freitagscafé ab 18 Uhr ist offen für jeden und wir freuen uns immer über neue Gesichter, gern auch zu unserem Jubiläum am 23. November ab 16 Uhr in der Lübecker Straße 43.