Künftig wöchentlich: Hamburger „Mopo“ stellt tägliche Ausgabe ein

Die „Hamburger Morgenpost“ startete 1949 als Hamburgs erstes tägliches Boulevardblatt. Am Freitag wird aus der Tages- eine Wochenzeitung.

Am Mittwoch, 10. April, verkaufen Hamburger Kioske die vorletzte Mopo-Ausgabe
Am Mittwoch, 10. April, verkaufen Hamburger Kioske die vorletzte Mopo-AusgabeTimo Teggatz

Es ist 3 Uhr morgens, als am 16. September 1949 die Druckmaschine das erste Exemplar der „Hamburger Morgenpost“ auswirft. Heinrich Braune, der Erfinder der Zeitung, steht stolz daneben. Ein Boulevardblatt, wie es die „Mopo“ ist, hat es in Hamburg und andernorts in Deutschland bislang nicht gegeben. Nachrichten mit „Erregungswert“ bestimmen den Inhalt der „Morgenpost“, deren Erstausgabe sechs Seiten umfasst und zehn Pfennig kostet.

Knapp 75 Jahre später erscheint die „Mopo“ am Donnerstag, 11. April, letztmalig als gedruckte Tageszeitung. Am Tag darauf schlägt der Verlag ein neues Kapitel Zeitungsgeschichte auf: Mit jeweils mehr als 100 Seiten Umfang und zum Preis von 4,80 Euro gibt es die gedruckte „Mopo“ künftig jeden Freitag als Wochenausgabe.

„Wochen-Mopo“ will Gesprächsstoff liefern

„Wir haben an dem Konzept der Wochen-Mopo über ein Jahr geschraubt“, sagt „Morgenpost“-Verleger Arist von Harpe dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Mopo“-Chefredakteur Maik Koltermann erläutert, die tägliche Ausgabe biete derzeit „im Wesentlichen ein Best-of der Nachrichten vom Vortag“, die künftige „Wochen-Mopo“ am Freitag „greift Themen auf, die die Stadt bewegen, behandelt sie vertiefend und liefert Erkenntnisse über Zusammenhänge“. Dazu gebe es „Inspiration für Freizeit und jede Menge Gesprächsstoff“.

In dem Dreivierteljahrhundert ihres Bestehens druckt die „Morgenpost“ Titel-Schlagzeilen wie „Die Mauer ist weg!“ am 12. November 1989, „Krieg gegen die USA“ am 12. September 2001 oder einen Tag später – jetzt mit Lokalbezug – „Terror-Piloten lebten in Hamburg!“.

Werbung für die tägliche Mopo können sich Kiosk-Besitzer jetzt schenken
Werbung für die tägliche Mopo können sich Kiosk-Besitzer jetzt schenkenImago / Photomax

Die Menschen in der Stadt sind damals vom Konzept der Zeitung begeistert, ihre Auflage schießt innerhalb des ersten Jahres von 6.000 auf 100.000 Exemplare hoch, erreicht Ende der 50er-Jahre mit 469.000 Exemplaren ihren Höchststand, später fällt sie auf heute gerade mal rund 16.000 Exemplare.

Die Gründe für den Auflagenverlust sind vielfältig: 1948 startet der Axel Springer Verlag das „Hamburger Abendblatt“, 1952 bringt er mit der „Bild-Zeitung“ ein eigenes Boulevardblatt auf den Hamburger Zeitungsmarkt, Radio- und Fernsehen erleben ihre Blüte, das Internet tritt seinen Siegeszug an.

Wie die Besitzer der „Mopo“ wechselten

1995 geht die „Mopo“ – nach Verlagsangaben „als erste regionale Medienmarke in Deutschland“ – online. Heute ist das Portal mopo.de den Angaben zufolge mit täglich rund 400.000 Besuchern „das erfolgreichste regionale News-Portal im Norden“. Täglich werden laut Verlag „an die zwei Millionen Seiten“ aufgerufen.

Dass es die „Mopo“ bis heute gibt, ist nicht selbstverständlich, denn drohende Insolvenzen und Eigentümerwechsel sind Teil ihrer Geschichte. 1980 stößt die SPD sie an den Schweizer Geschäftsmann Eduard Greif ab, 1986 veräußert der sie an das Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr. 1999 geht die „Mopo“ an die Hamburger Unternehmer Frank Otto und Hans Barlach, ab 2004 hält Barlach sämtliche Anteile. 2006 übernimmt die BV Deutsche Zeitungsholding (Berlin) das Zepter, 2009 fallen BV und „Mopo“ in den Schoß der Mediengruppe M. DuMont Schauberg (Köln). 2020 übernimmt Digitalmanager und Unternehmer Arist von Harpe den Verlag.

Von Harpe lebt seit 1999 in Hamburg, seine erste „Mopo“ hält er damals, mit 21 Jahren, „entweder in der S-Bahn von oder zur TU Harburg oder aber abends auf dem Kiez“ in den Händen, ganz genau weiß er es nicht mehr.

Bürgerschaftspräsident trat zurück – nach Mopo-Bericht

Chefredakteur Koltermann erinnert sich gern an eine „Mopo“-Geschichte von 2010, als „die gesamte Stadt unter einem Wahnsinns-Eispanzer“ lag. „Die Hamburger schlidderten über Tage und Wochen durch die Gegend, weil die Stadtreinigung da nicht gegen ankam. Ausgerechnet eine kleine Straße in Groß Borstel aber war geräumt worden, wie ein Foto zeigte, das wir druckten. Der damalige Bürgerschaftspräsident, der dort wohnte, hatte seine Kontakte spielen lassen. Er musste nach den Berichten zurücktreten.“

Als die „Morgenpost“ Anfang 2015 Mohammed-Karikaturen druckt, verüben Islamisten einen Brandanschlag auf das Zeitungsarchiv. Die Zeitung lässt sich davon nicht unterkriegen, sie titelt am 12. Januar jenes Jahres selbstbewusst: „Wir bleiben Mopo!“

Zehn Stellen fallen weg

Im Zuge der Umstellung zur „Wochen-Mopo“ sind laut Verleger von Harpe zehn Stellen weggefallen. Ein Teil sei „über natürliche Fluktuation abgebaut worden“, für die anderen „haben wir gemeinsam mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften einen Sozialplan inklusive Wechsel in eine Transfergesellschaft erarbeitet“.

„Für viele Menschen, auch bei uns im Haus, war die Tageszeitung ein Leben lang fester und geliebter Bestandteil ihrer Tagesroutine“, weiß Chefredakteur Koltermann. Zugleich nennt er die Umstellung zur Wochenzeitung „zutiefst sinnvoll“, sie passe zur Mediennutzung vieler Menschen. Er verspricht: „Alle wichtigen aktuellen Infos gibt’s täglich bei mopo.de. Am Wochenende ist die Zeit fürs ausgiebige Lesen und Entdecken.“