Zweiter ausgewilderter Bartgeier hat seinen ersten Flug geschafft

Nun hat auch Wiggerl abgehoben: Nachdem der Ende Mai in den bayerischen Alpen ausgewilderte Bartgeier Vinzenz bereits am 25. Juni seinen ersten Flug hinter sich gebracht hatte, hat nun auch der zweite Jungvogel seine eingezäunte Felsnische in 1.300 Metern Höhe im Klausbachtal bei Berchtesgaden verlassen. Um 7:25 Uhr am Sonntagmorgen sei Wiggerl „wie ein Profi“ losgesegelt und habe seinen ersten Flug „sehr gut gemeistert“, teilte der Landesbund für Vogelschutz (LBV) am Montag mit. Damit sei nun auch der achte Bartgeier des Wiederansiedlungsprojektes ausgeflogen. „Das ist ein weiterer Schritt zur Verbreitung dieser seltenen Art in den Ostalpen“, sagte Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel.

Um Wiggerl zum Abflug zu motivieren, hatte das Projekt-Team am Samstag den Absperrzaun der Felsnische geöffnet, damit sein bereits ausgeflogener Artgenosse Vinzenz ihm einen Besuch abstatten konnte. Vom erneuten Aufeinandertreffen angeregt startete Wiggerl am Sonntag im Alter von 120 Tagen zu seinem Jungfernflug. Auch in den nächsten Tagen werde er wahrscheinlich stark vom Entwicklungsvorsprung von Vinzenz profitieren, hieß es weiter. Der erweise sich als außergewöhnlich guter Flieger und habe bereits den Luftangriff eines Steinadlers pariert. Projektmitarbeitende werden auch in den kommenden Wochen immer vor Ort sein und das Verhalten der beiden jungen Bartgeier weiterhin intensiv überwachen, hieß es in der Mitteilung.

Die beiden jungen Bartgeier-Männchen stammen aus dem europäischen Bartgeier-Zuchtnetzwerk. „Wiggerl“ wurde im Zoo von Helsinki geboren, „Vinzenz“ stammt aus einer Zuchtstation im österreichischen Haringsee.

Interessierte können sich am offiziellen Bartgeier-Infostand im Nationalpark an der Halsalm täglich von 10 bis 16 Uhr darüber informieren, wo genau sich Wiggerl und Vinzenz gerade aufhalten und wo man sie beim Beobachten am wenigsten stört. Sowohl der LBV als auch der Nationalpark Berchtesgaden bieten jeden Dienstag und Donnerstag kostenlose Bartgeier-Führungen an, für die eine Anmeldung erforderlich ist.

Seit 2021 sind insgesamt acht Bartgeier im Nationalpark Berchtesgaden ausgewildert worden: fünf Weibchen und drei Männchen. Ein Bartgeier wurde 2022 vermutlich durch Steinschlag getötet. Das Projekt ist auf mindestens zehn Jahre angelegt. Ziel ist es, die seltene Vogelart, die vor 140 Jahren in den bayerischen Alpen ausgerottet wurde, dort wieder anzusiedeln. Im nicht- deutschen Alpenraum leben rund 300 Bartgeier. Sie zählen mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,90 Metern zu den größten flugfähigen Vögeln der Welt. (00/2006/01.07.2024)