Zwei Mann in einem Boot

In Flensburg arbeiten der evangelische Militärdekan Ernst Raunig und der katholische Militärdekan Mirko Zawiasa eng zusammen. Hier erklären sie, was ihnen dabei wichtig ist.

Gemeinsam im Dienst: die Flensburger Militärseelsorger Ernst Raunig (l.) und Mirko Zawiasa
Gemeinsam im Dienst: die Flensburger Militärseelsorger Ernst Raunig (l.) und Mirko ZawiasaHolger Koch / Bundeswehr

Flensburg. Wir, der evangelische Militärdekan Ernst Raunig und der katholische Militärdekan Mirko Zawiasa, arbeiten nach dem Eindruck vieler Soldaten und Soldatinnen gut zusammen. Dabei sind wir wohl als konturierte Persönlichkeiten bekannt. Oder etwas weniger gedrechselt formuliert: Beide bleiben wir uns treu. Es ist gut, wenn jeder als Militärpfarrer Mensch bleiben darf mit seinen Begabungen und Grenzen, mit seinen Stärken und Schwächen. Dann kann er glaubwürdig auf die Menschen zugehen, für die er in den Dienst gestellt ist.

Das erste „Geheimnis“ des guten Miteinanders: Die Soldaten stehen im Fokus. Ihre dienstlichen, weltlichen und geistlichen Bedürfnisse bestimmen unser beider Handeln. Als Militärpfarrer möchten wir aber auch Tugenden wie Geduld, Verlässlichkeit und Ehrlichkeit vorleben. Denn diese Tugenden zu üben ist ein Weg zum gelingenden Miteinander.

Auf gleicher Wellenlänge

Uns ist Ehrlichkeit wichtig. Es wird kein „Herrschaftswissen“ gehortet, um der eigenen Position oder Konfession vermeintliche Vorteile zu verschaffen. Dadurch entsteht ein Klima des Vertrauens, das es erlaubt, auch über differierende Auffassungen offen zu sprechen. Das gilt auch für die Seelsorge an den Soldaten: Jeder von uns muss auch einmal von sich absehen können, verzichten zugunsten des anderen, ihn sein und vielleicht auch glänzen lassen.

Wir senden von Hause aus auf gleicher Wellenlänge, denn wir sind beide niederrheinischer Herkunft. Dort gehört es zur christlichen Erziehung, dass man lernt, gönnen zu können, denn „jedde Jeck is anners“ („jeder Narr ist anders“). Der andere wird zunächst als Mensch gesehen, mit dem man durchaus zusammen an der Theke ein Kölsch, Alt oder Pils trinken kann, selbst wenn man nicht zum Abendmahl oder zur Kommunion an denselben Altar tritt. Das verbindend Menschliche steht für uns über dem konfessionell Trennenden. Indem man von sich selbst als „Narren“ denkt, übt man Demut. Wenn beide genauso denken, entspannt das selbst kritische Situationen.

Karneval – eine ernste Sache

Dazu kommt die Eigenart des Karnevals: Karneval ist eine ernste Sache, um die eigenen Grenzen anzuerkennen, weil er den Hochmut begrenzt und auf der anderen Seite von Herzen und unverstellt fröhlich sein lässt. Im Grunde, so finden wir als niederrheinische Militärdekane im hohen Norden, ist Karneval ein Zeichen christlicher Lebensart.

Wir streben an, uns als empfindende und empfindsame Menschen wahrzunehmen. Wir sind nicht Kollegen oder Konkurrenten in einer dienstlichen Zwangsgemeinschaft. Wir versuchen zu leben, was das Evangelium im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg ausdrückt: Es kommt nicht auf den Lohn an, sondern darauf, dass man seinen Dienst konkurrenzlos für Gott und die Menschen tut.

Die Militärseelsorge hat ein gemeinsames Zeichen: das Kreuz. Das gekrönte Kreuz der katholischen Militärseelsorge weist auf die Tradition des „Christ König“ hin. Jesus Christus ist der alleinige Herr über alle Menschen unabhängig von Dienstgrad oder Einkommen. Das Kreuz der evangelischen Militärseelsorge ist angelehnt an das Kreuz der bekennenden Kirche, die im dritten Reich gegen die Vereinnahmung und Gleichschaltung kämpfte. „Domini sumus“ – „Wir sind/gehören zum Herren“: Diese Botschaft wird evangelisch durch den Schriftzug und katholisch durch das Kreuz ausgedrückt.

Fair aufgeteilt

Letztlich gilt es Christus zu dienen. Er schenkt jedem seine Fähigkeiten und lehrt uns durch sein Vorbild mit den zugemuteten Grenzen umzugehen. Dabei kann es trotz guten Willens zu Missverständnissen kommen. Dann ist die Bereitschaft zur offenen Kommunikation und manchmal auch zur Vergebung wichtig. Denn die Interessen der Soldaten dürfen nicht unter unseren eigenen Grenzen leiden. Wir begegnen uns auf Augenhöhe. Jeder auf seinem einen Standpunkt und gemeinsam zu zweit wie der Kölner Dom, der zwei Türme auf einem soliden Fundament hat und gleichzeitig mitten im Leben der Stadt steht. Auf dieser Grundlage findet die gesamte Arbeit der Militärseelsorge in Flensburg statt.

Seminare und Unterricht werden fair aufgeteilt, Standortgottesdienste finden wenn möglich gemeinsam statt, und wenn nicht, immer im Sinne der ökumenischen Sache. Rüstzeiten, Werkwochen oder Pilgerreisen werden angeboten, um gemeinsam allen alles zu werden (vergleiche 1. Korinther 9, 22). Und wir freuen uns darauf, die Besatzung der „Gorch Fock“ seelsorgerlich zu begleiten, wenn das Schulschiffs hoffentlich in diesem Jahr wieder segeln wird.

Rheinischer Optimismus

Aktuell begleiten wir die Soldaten besonders an den Wochenenden, denn derzeit bleiben viele vor Ort, die ansonsten nach Hause führen. Gemeinsam gerade in diesen Zeiten ansprechbar und erreichbar zu sein ist, für uns beide oberstes Gebot. Und vielleicht treibt uns dabei selbst im hohen Norden ein unerschütterlicher rheinischer Optimismus: „Et hätt noch emmer joot jejange.“

Gott befohlen!

Dieser Text ist zuerst erschienen in „Kompass – die Zeitschrift des Katholischen Militärbischofs für die Deutsche Bundeswehr“.