Zurück in die Gesellschaft

Das Projekt „HalT“ der Bahnhofsmission Oldenburg richtet sich speziell an wohnungslose Jugendliche. Es soll ihnen dabei helfen, ihr Leben neu zu organisieren.

Eine Mitarbeiterin der Bahnhofsmission berät junge Menschen in Notlagen.
Eine Mitarbeiterin der Bahnhofsmission berät junge Menschen in Notlagen.Werner Krüper

Das Projekt „HalT“ der Bahnhofsmission Oldenburg will wohnungslosen jungen Menschen Halt geben. „HalT“ steht für „Handlungskompetenz lernen im Team“ und bringt Menschen zwischen 18 und 25 Jahren einmal in der Woche in einer Gruppe zusammen, in der sie sich austauschen und gemeinsam lernen können, wie man mit den Herausforderungen des Alltags umgehen kann – und so auch wieder eine Wohnung findet.

„Etwa 300 junge Menschen in Oldenburg sind ohne festen Wohnsitz“, erklärt Kai Niemann von der Bahnhofsmission. „Ziel des Projekts ist es, sie zusammenzubringen und zu vernetzen, damit sie eine Lobby haben.“ Wichtig sei dabei das selbstständige Lernen im Miteinander.

„Wir haben 2019 mit der ersten Gruppe angefangen und eröffnen demnächst Gruppe vier.“ Neben einer postalischen Erreichbarkeit bei der Mission können die jungen Erwachsenen einmal die Woche zusammen kochen, reden und sich gegenseitig Tipps geben. „Wir begleiten die Menschen dabei und bieten ihnen Beratung durch Referenten zu wichtigen Themen an.“

Warum verlieren junge Leute ihre Wohnung?

Zu Beginn hätten sie sich gefragt, warum manche jungen Menschen ihre Wohnungen verlieren, so Niemann. „Dabei hat sich gezeigt, dass es mehrere Ursachen gibt.“ Zum einen hätten die Jugendlichen mit Wohnung andere Wohnungslose bei sich aufgenommen, was die Vermieter nicht lange mitmachten.

„Es fehlt aber vor allem an Grunderfahrungen: Viele können mit einer Hausordnung nichts anfangen, verlieren den Überblick bei den Finanzen, kommen mit der Miete in Rückstand oder sind durch Handyverträge schnell verschuldet.“ Auch das Vorausplanen und Haushalten sei vielen fremd.

Hier bietet „HalT“ eine Art Alltagstraining für das Hineinwachsen in die Erwachsenenwelt, indem die Gruppen ihre Beratungsbedarfe äußern und Referenten zu grundsätzlichen Themen eingeladen werden. „Wir begleiten die Jugendlichen dabei, zurück in die Gesellschaft zu finden.“

In der Vergangenheit standen Themen wie ein Wirtschaftsplan für den eigenen Haushalt, richtige Kommunikation, Bewerbungsgespräche oder Auftreten bei Ämtern und Behörden auf dem Programm. „Wir laden auch Referenten zu Sucht, Schuldnerberatung oder Wohnraumsicherung ein.“

Über das Miteinander Strukturen lernen

Demnächst informiert ein Polizeibeamter über den Umgang mit der Polizei, auch für Aidsberatung, Sexualtherapie oder Straßensozialarbeit bestehe Informationsbedarf. Die Beratung kommt direkt in die Bahnhofsmission, was vielen in der Gruppe hilft. „Die Schwellenangst ist bei vielen groß“, so Niemann.

„Dadurch, dass die Gruppenmitglieder gemeinsam kochen und essen, starten dynamische Prozesse“, sagt ert. „Durch Austausch, Vernetzung und Beratung stützen die jungen Menschen sich gegenseitig, das ist ein Gewinn für alle.“
Jenny ist seit einem Jahr dabei, für sie ist die Gruppe sehr wertvoll. „Hier erlebe ich Gemeinsamkeit mit Menschen, die mich akzeptieren“, sagt sie. „Miteinander lernen ist besser als alleine zu lernen.“

Sechs bis acht Teilnehmer bilden eine Gruppe, die solange zusammen ist, bis alle „flügge“ sind, sagt Niemann: „Die Teilnahme ist freiwillig, die Gruppenregeln erstellen die Teilnehmenden selbst.“ Auf Platz eins steht dabei, dass alles in der Gruppe vertraulich behandelt wird, auf Platz zwei Respekt, auf Platz drei kein Mobbing wegen Rassismus, Sexualität oder anderen Dingen.

„Die Bahnhofsmission ist kein Ponyhof“, sagt Niemann, „es müssen auch Teilnehmer wieder gehen, die sich nicht einfügen.“ Doch für die, die mitmachen, sei es gut, über das Miteinander Strukturen zu lernen. „Eine Gruppe ist gerade fertig und alle haben mittlerweile wieder eine Wohnung“, sagt Niemann. „Einige von ihnen wollen jetzt als Berater helfen, wenn die neue Gruppe aufgebaut wird.“