Zum Tag des Butterbrots: Ein Hoch auf Stulle, Bemme und Kniffte

Wenn man in Deutschland auf Nahrungsmittel stolz ist, dann sind es Bier und Brot. Beiden sind Gedenktage gewidmet. Das hat mit Marketing zu tun – sagt aber auch viel über Geschichte und Tradition.

Stulle, Bemme, Kniffte oder Bütterken: Das Butterbrot hat viele regionale Namen. Ob zum Frühstück, als Zwischenmahlzeit, zum Mittag- oder Abendessen, zu Hause oder unterwegs: Die Brotscheibe wird mit Butter bestrichen, mit Marmelade, Wurst oder Käse belegt, mit Tomate oder Salatblatt verziert, in Brotdosen oder Frischhaltefolie in Schulen und Büros transportiert und liefert Kalorien auf Baustellen oder bei Bergwanderungen.

Das Butterbrot ist eine bodenständige Sache – für manche auch ein wenig spießig neben den weltläufigen Sandwiches und Snacks oder dem britisch geadelten Toast. Es gab aber auch Zeiten, da war das Butterbrot eine seltene Kostbarkeit: ein Rettungsanker in Kriegen und ein Versprechen auf eine Zeit ohne Hunger.

Vor 25 Jahren hat die – inzwischen aufgelöste – Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) die Initiative ergriffen, dem Butterbrot ein wenig Glanz zu verleihen: durch den “Tag des deutschen Butterbrots”, der jeweils am letzten Freitag im September begangen wird – und damit nah am Erntedankfest, das immer Anfang Oktober für die Ernte und die Vielfalt der Nahrungsmittel dankt. Inzwischen setzen Agrarverbände und Lebensmittelhersteller die Aktion fort.

Dabei hat das Butterbrot eine lange Geschichte: Seit fast 700 Jahren schmieren die Menschen in Deutschland Butter auf die nahrhaften Scheiben. Zur Zeit der Hanse im Spätmittelalter stand die “Putterpomme” bereits auf dem täglichen Speiseplan, wie der Volkskundler Günter Wiegelmann nachgewiesen hat. Das Butterbrot löste, wie er in seinem Buch “Nahrung und Tischkultur im Hanseraum” schreibt, den Getreidebrei als tägliche Kost bei Kindern und Erwachsenen ab. Voraussetzung für den Siegeszug des Butterbrots waren Konservierungsmethoden, die sicherstellten, dass die Butter das ganze Jahr über schmackhaft und streichfähig blieb. Und das gelang im Laufe des späten Mittelalters durch das Salzen der Butter.

Reformator Martin Luther erwähnt die “Putterpomme” 1525 in einem Brief als beliebte Kindernahrung. Von 1568 stammt das wohl erste Butterbrot-Bild: Pieter Bruegel der Ältere malte in seinem Gemälde “Bauernhochzeit” ein Kind, das auf seinem Schoß ein angebissenes Butterbrot liegen hat. Schließlich ist das Wort schon im 18. Jahrhundert ins Russische eingewandert.

Musikalisch setzte wohl der junge Mozart dem volkstümlichen Nahrungsmittel ein kleines Denkmal. Er gilt als Komponist des Klavierstücks “Das Butterbrot”, in dem das Bestreichen des Brotes musikalisch durch Glissandi der rechten Hand veranschaulicht wird. Auch Liedermacher Reinhard Mey hat dem vertrauten Brot ein musikalisches Denkmal gesetzt: als Symbol der Zuwendung und der Stabilität im Alltag.

Eingewandert ist es auch in die Welt der Sprichwörter: Manche Menschen schmieren ihren Mitmenschen gern Vorwürfe oder unangenehme Wahrheiten aufs Butterbrot. Wer wenig verdient, arbeitet für ein Butterbrot. Und Murphy’s Gesetz besagt, dass ein Butterbrot immer auf die – falsche – gebutterte Seite fällt, wenn es vom Tisch rutscht.

Mit dem Tag des Butterbrots wird auch die deutsche Brotkultur geehrt, die die Weltkulturorganisation Unesco 2014 in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufnahm. Schließlich verfügt Deutschland über mehrere Hundert verschiedene Brotsorten vom Pumpernickel bis zum Rosinenstuten. Und damit mehr als jedes andere Land der Welt. Laut dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks verbraucht jeder Haushalt im Jahr durchschnittlich rund 56 Kilogramm Brot und Backwaren. Allerdings wirft nach Schätzungen der Bundesregierung jeder Mensch hierzulande auch etwa 7,7 Kilogramm Brot und andere Backwaren pro Jahr weg.