Zum Gottesdienst kam Gauck in den Dom

Verantwortung für sich und andere übernehmen – dazu hat Altbundespräsident Gauck bei einem Gottesdienst aufgerufen. Anlass war die friedliche Revolution vor 30 Jahren.

Altbundespräsident Joachim Gauck begrüßt Dompredigerin Ariane Baier. In der Mitte Schwerins Oberbürgermeister Rico Badenschier
Altbundespräsident Joachim Gauck begrüßt Dompredigerin Ariane Baier. In der Mitte Schwerins Oberbürgermeister Rico BadenschierTilman Baier

Schwerin. Altbundespräsident Joachim Gauck hat dazu aufgerufen, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. In der Zuwendung zum Gegenüber könne die schönste Form der Freiheit erfahren werden, sagte er im voll besetzten Schweriner Dom vor mehr als 1.000 Besuchern. Gauck hielt die Festrede zum Gedenken an die friedliche Revolution vor 30 Jahren. Das „Glück der Zuwendung“ zu etwas, das einem am Herzen liegt, sei wichtig. Gott habe den Menschen geschaffen mit der unverwechselbaren Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen.

Demokratie sei keine Einladung zur Party, sondern zur Eigenverantwortung, sagte Gauck. Es gebe viele Möglichkeiten der Mitwirkung, etwa in Bürgerinitiativen, Vereinen oder in der Nachbarschaft. Das Gefühl der Eigenverantwortung müsse bewahrt werden, statt zu denken, andere seien dazu da, über einen zu bestimmen. Die Aussage „Wir sind das Volk“ dürfe man sich nicht von irgendwelchen Okkupanten wegnehmen lassen. Man dürfe nicht von Führerschaft und Gefolgschaft träumen. „Wir glauben an die Möglichkeiten, die wir morgen haben, weil wir sie gestern hatten.“

Die Mängel der Welt

Oft sei es eine Fluchtbewegung, wenn aufgezählt wird, was nicht gelang, sagte Gauck. Mängel der Welt werde es immer geben. Der Glaube, politisch ein Paradies gestalten zu können, sei ein Irrtum. Zugleich warnte er vor billigen Ausreden. Die sehr, sehr schnelle Wiedervereinigung sei nicht von Bonn aufgedrückt worden. Die Menschenmassen in Ostdeutschland hätten die D-Mark gewollt.

In Schwerin wurde mit einem Gottesdienst im Dom und einer Festveranstaltung auf dem Markt an die friedliche Revolution 1989 erinnert. Vor dem Gottesdienst war bereits die restaurierte Plastik „Runder Tisch“ (1990) des Lübecker Bildhauers Guillermo Steinbrüggen im Beisein des Künstlers am Eingang zur Fußgängerzone „Großer Moor“ wieder eingeweiht worden. Am 23. Oktober 1989 waren etwa 40.000 Menschen dem Aufruf des Neuen Forums zur ersten Montagsdemonstration in Schwerin gefolgt. (epd)