Zu wenige Ostdeutsche in Spitzenpositionen

Drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung sind Ostdeutsche nur selten in Spitzenpositionen von Bundesbehörden vertreten. Doch das kann das Vertrauen in die Demokratie stärken, sagt ein Experte.

Carsten Schneider (SPD), Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland
Carsten Schneider (SPD), Beauftragter der Bundesregierung für OstdeutschlandIMAGO/IPON

Ostdeutsche bleiben in Spitzenpositionen der Bundesbehörden deutlich unterrepräsentiert. Mehr als drei Jahrzehnte nach der deutschen Vereinigung sind nur 13,9 Prozent der Führungskräfte in obersten Bundesbehörden gebürtige Ostdeutsche, wie aus einem Bericht des Ostbeauftragten der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), hervorgeht. „Über alle Führungsebenen hinweg sind Ostdeutsche nicht ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entsprechend vertreten“, stehe in dem Bericht.

Das Papier wird im Bundeskabinett in Berlin beraten. Für die erstmals erhobene Statistik habe Schneider die Herkunft des Führungspersonals auf mehr als 3.600 Positionen in 93 Bundesbehörden untersuchen lassen, berichten die Funke-Zeitungen. Dazu gehörten demnach unter anderem Bundesregierung, Bundestag, Bundespräsidialamt, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht sowie sämtliche Bundesgerichte. „In den höheren Führungsebenen ist die Unterrepräsentation besonders stark ausgeprägt. So liegt der Anteil Ostdeutscher in den Leitungsebenen bei 6,8 Prozent, ohne Berlin bei 4,5 Prozent“, heiße es in dem Bericht.

Als ostdeutsch zählten in der Erhebung Menschen, die in den neuen Bundesländern geboren wurden. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung liege demnach zwischen 18,9 Prozent (einschließlich dem früheren West-Berlin) und 21,5 Prozent (nur mit Ost-Berlin).

Unbewusste Diskriminierung

Aus Sicht Schneiders belegten die Zahlen „eine deutliche Benachteiligung“ Ostdeutscher bei der Verteilung von Führungspositionen in der Bundesverwaltung. „Wie in anderen Bereichen der Gesellschaft handelt sich um eine Art unbewusster Diskriminierung von Menschen aus dem Osten“, sagte der Erfurter SPD-Bundestagsabgeordnete den Funke-Zeitungen: „Insbesondere für die älteren Generationen im Osten gab es wenig Zugang zu hochdotierten Stellen im öffentlichen Dienst auf Bundes- und Landesebene, da nach der Wende vor allem junge Westdeutsche diese Positionen besetzt haben und bis heute besetzen.“

Schneider mahne eine Selbstverpflichtung der Bundesregierung an, beim Bemühen um eine höhere Diversität künftig auch Ostdeutsche im Blick zu haben: Eine bessere Repräsentation und die öffentliche Sichtbarkeit von Ostdeutschen in Führungspositionen gerade auch in der Bundesverwaltung könnten das Vertrauen in die Demokratie stärken und die Akzeptanz auch für schwierige politische Entscheidungen erhöhen.