Zu früh und zu viele: Feuer wüten im Sumpfland Pantanal in Brasilien

Mehr als 600.000 Hektar Land brennen derzeit im südamerikanischen Sumpfland Pantanal – eine Fläche mehr als doppelt so groß wie Brandenburg. Und die Zahl der Brandherde nimmt täglich zu, weiß der Direktor der brasilianischen Naturschutzorganisation Ecoa, Alcides Faria. „Die Situation ist wirklich schlimm.“ Das weltweit größte tropische Feuchtgebiet liegt im Grenzgebiet zwischen Brasilien, Paraguay und Bolivien und gilt weltweit als Hotspot der Biodiversität. Tausende Arten von Tieren und Pflanzen leben hier, einige sind vom Aussterben bedroht. Außerdem ist das Gebiet ein wichtiger, natürlicher CO2-Speicher.

Ein zyklischer Wechsel aus Trockenheit und Überflutung jedes Jahr ist normal im Pantanal. Waldbrände sind in der Trockenzeit nichts Ungewöhnliches. Doch die brechen eigentlich erst im August und September aus. „Durch den fehlenden Regen sind viele Regionen nicht wie üblich überflutet“, erläutert Solange Ikeda, Professorin an der Universität von Mato Grosso. Der Boden, Bäume und Sträucher seien für die Jahreszeit ungewöhnlich trocken und böten guten Nährboden für Feuer.

Für die kommenden Wochen und Monate hat Ecoa-Direktor Faria wenig Hoffnung auf Besserung – aufgrund der anhaltenden Trockenheit müsse man davon ausgehen, dass sich die Feuer weiter ausbreiten und unter Umständen außer Kontrolle gerieten. Das Wetterphänomen El Niño könnte die Situation zusätzlich zugespitzt haben. „Aber es ist sehr klar, dass die aktuelle Situation ein Ergebnis des Klimawandels ist“, meint Clovis Vailant von der Naturschutzorganisation Instituto Gaia. Dadurch seien die Temperaturen in der Region ungewöhnlich hoch und die Regenmuster hätten sich verändert.

Die bisher letzten schlimmen Waldbrände gab es in der Region 2020 während der Regierungszeit von Brasiliens früherem rechtsextremem Präsidenten Jair Bolsonaro. Rund ein Drittel der Fläche des Pantanals stand in Flammen, 17 Millionen Tiere verendeten und mehr als 100 Millionen Tonnen CO2 wurden freigesetzt. Viele warfen Bolsonaro damals vor, die Katastrophe durch Untätigkeit befeuert zu haben.

„Die aktuelle Regierung leugnet wenigstens das Problem nicht“, sagt Professorin Ikeda. Allerdings gebe es trotzdem nicht genügend Präventionsmaßnahmen gegen die Feuer. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva betont zwar stets seinen Einsatz für Natur- und Klimaschutz. Laut Umweltschützer Vailant kommt davon im Pantanal aber nur wenig an.

Wie genau die aktuellen Feuer ausgebrochen sind, ist unklar – allerdings ist der Mensch nach Untersuchungen für die allermeisten Brände im Pantanal verantwortlich. So werden auf Rinderfarmen häufig Grasreste oder Müll abgebrannt. Solche Feuer geraten schnell außer Kontrolle. Immer wieder werden auch mutwillige Brandstifter verurteilt.

Derzeit werden die Feuer mithilfe von Flugzeugen bekämpft. Die Entfernungen in der Region sind weit, viele Gebiete sind nicht über Land erreichbar. Experten sprechen sich dafür aus, Schneisen in den Wald zu schlagen, die die Ausbreitung der Brände verhindern. Die Arbeiten dafür laufen aber stockend an; es fehlt sowohl an Personal als auch an geeigneten Werkzeugen.

Ecoa-Direktor Faria hat in den vergangenen Jahren an über 50 Orten freiwillige Feuerwehrleute ausgebildet, die lokal Feuer bekämpfen. Aber das allein reiche nicht. Es brauche größere Programme, die strukturell in Präventionsmaßnahmen für das wertvolle Sumpfgebiet investieren, fordert Faria. Außerdem müsse auch endlich die Abholzung gestoppt werden, damit das Ökosystem nicht weiter destabilisiert wird. Für Clovis Vailant ist sogar noch mehr nötig: Die Wälder im Amazonasgebiet und der Savannenlandschaft Cerrado, aus denen die Flüsse ins Pantanal fließen, müssten restauriert werden, um langfristig den Wasserzufluss zur Region zu sichern.