Zeltbau für die Bildung

Seit Beginn der Pandemie wurden Soldatinnen und Soldaten im Rahmen der Amtshilfe eingesetzt. Zunächst in Altenheimen, später in Impfzentren und Gesundheits­ämtern. Die Militärseelsorge unterstützt die Arbeit durch Gespräche und Seelsorgeangebote für die eingesetzten Soldaten.

Militärpfarrer Jens Pröve im Zelt, das eigens für den Lebenskundlichen Unterrricht am Militärstützpunkt Appen errichtet wurde
Militärpfarrer Jens Pröve im Zelt, das eigens für den Lebenskundlichen Unterrricht am Militärstützpunkt Appen errichtet wurdeUSLw, OStFw Michael Schmidt

Appen. Es ist Mitte Januar. Omikron breitet sich aus. Die Zahlen in Schleswig-Holstein gehen durch die Decke. Das Virus macht auch vor der Kaserne in Appen nicht halt. Dort werden die jungen Feldwebel der Luftwaffe ausgebildet. Doch bei den massiv steigenden Infektionszahlen müssen auch die Regeln in der Kaserne angepasst werden. So werden aus den einzelnen Hörsälen Kohorten gebildet. In geschlossenen Räumen darf nur noch der jeweilige ­Hörsaalleiter „seinen“ Lehrgang unterrichten.

Die neuen Regeln hätten das Aus für den Lebenskundlichen Unterricht bedeutet. Denn dieser berufsethische Unterricht wird von den Militärseelsorgern geleistet. Und die Militärpfarrer sollen selbstverständlich nicht zu Super-Spreadern werden, wenn sie in Zeiten extrem hoher Inzidenzen von Hörsaal zu Hörsaal wandern. Also musste eine andere Lösung her.

Unterricht im Intranet

Für die erste Woche wurde der Unterricht ins Intranet verlegt: Die Soldaten einer Kohorte sitzen im Unterrichtsraum, ich im Büro. Über Bild und Ton sind wir miteinander verbunden. Das ist gut für den Infektionsschutz, aber schlecht für den ­Unterricht. Denn das direkte Miteinander und das persönliche Gespräch sind nur schwer zu ersetzen.

Was also tun? Die Antwort lautet: zelten. Dabei unterstützt die Truppe perfekt: In wenigen Stunden wird ein Typ-I-Zelt neben der Kapelle aufgebaut. Dort soll in den kommenden Wochen der Lebenskundliche Unterricht stattfinden. Die Seitenwände werden zu den Unterrichtsstunden hochgerollt. So ist die Belüftung sichergestellt, das Infektionsrisiko minimiert. Auch für Strom und Beleuchtung ist gesorgt. Der erste Probelauf klappt. Ich bin froh, wieder direkt und persönlich mit den Soldaten ins Gespräch kommen zu können. Und auch die Soldaten sind zufrieden: „Das ist auf jeden Fall besser, als zwei Stunden auf eine Leinwand zu starren und den Pfarrer nur aus dem Lautsprecher zu hören“, sagt einer stellvertretend für viele.

Minusgrade am Morgen

Einzig die Temperaturen sind eine Herausforderung: Beim ersten Mal hat es morgens um 7.25 Uhr noch Minusgrade. Aber mit Kälteschutzkleidung lässt sich auch das meistern. Und zur ersten Pause wartet die Pfarrhelferin mit mehreren Kannen voll heißem Kaffee. So kann die ethische Ausbildung der Soldatinnen und Soldaten auch in Pandemie-Zeiten sichergestellt werden.

Unser Autor
Jens Pröve ist Pfarrer im Militärpfarramt Appen bei Hamburg.