“Alle nicht ganz dicht”: ZDF zeigt Komödie über Arbeitswelt

Clash der Kulturen, und zwar entlang der Alterslinie: Davon erzählt ein satirischer ZDF-Film über eine Mutter und ihren Sohn, die beim gleichen Versandhaus arbeiten.

Barbara (Ulrike Kriener, 2.v.l.) spannt Bernd (Ulrich Bähnk, l.) ein und lässt ihn für sich arbeiten
Barbara (Ulrike Kriener, 2.v.l.) spannt Bernd (Ulrich Bähnk, l.) ein und lässt ihn für sich arbeitenZDF / Boris Laewen

Mehr Zeit zu haben, um in Komödien mitzuspielen: So benannte Ulrike Kriener vergangenes Jahr in Interviews einen der Gründe, warum sie ihre Rolle der Fernsehkommissarin Ellen Lucas nach zwei Jahrzehnten aufgab. Der Film “Alle nicht ganz dicht”, den das ZDF an diesem Donnerstag um 20.15 Uhr ausstrahlt, zeigt auf bestechende Weise, dass Komödie und Kriener tatsächlich ein perfektes Match abgeben.

Ohne die bald 70-jährige Schauspielerin mit dem trockenen Ruhrpott-Humor in ihrem Zentrum ist diese Story kaum vorstellbar – jedenfalls bei weitem nicht so lustig und spritzig. Und umgekehrt merkt man Ulrike Kriener in jedem einzelnen Moment den Riesenspaß an der Sache an.

Clash der Arbeitskulturen

Um einen Clash der Arbeitskulturen geht es in dem Film, zwischen althergebrachtem Jobverständnis und so genannter “New Work”, also Arbeiten in Zeiten von Digitalisierung und Globalisierung. Kriener spielt Barbara Lucke, die nach über 30 Jahren nicht mehr in den Betriebsrat ihres Arbeitgebers, des Versandhauses Sander, gewählt wird. Womit die “rote Barbara” kurz vor der Rente ihre Freistellung als Abteilungssekretärin verliert und an den alten Arbeitsplatz zurück muss.

Bloß: Den gibt es so gar nicht mehr. Beziehungsweise: nur noch bis zur Unkenntlichkeit transformiert. Da wird gedenglischt, dass sich die Sätze biegen, da sind Arbeitszeiten flexibel und Arbeitsplätze mobil, duzt man sich und gibt sich generell hierarchielos, gefühlig und sozial. Und natürlich läuft fast alles digital ab, die größte Herausforderung für die hemdsärmlige und überhaupt sehr “analoge” Barbara.

Da hilft es auch nicht, dass sie ausgerechnet in der Abteilung gelandet ist, die ihr Sohn Bastian (Tim Oliver Schultz) leitet: In der sogenannten Wäsche-Bade. Bastian steht unter Druck, soll im “Performance-Ranking” mit den anderen Abteilungen gute Zahlen liefern, gleichzeitig aber auch moderne Führungskultur (vor)leben. Eine renitente, ständig querschießende Mutter kann er dabei so gar nicht gebrauchen. Zumal diese die anderen älteren Semester der Abteilung, Marion und Bernd, für ihre Zwecke einspannt, um sich vor “E-Learnings” und dem Büffeln der “LGBTQIA+-Richtlinie” zu drücken.

“Alle nicht ganz dicht”: Satirisch und vergnüglich

Es ist ein satirischer und enorm vergnüglicher Blick, den Drehbuchautor Andreas Altenburg und Regisseur Lars Jessen auf den Zusammenprall zwischen altem und neuem Arbeitsverständnis werfen. Dabei bekommen beide Seiten ihr Fett weg: die Jungen, die sich zum Meeting auf dem Trampolin einfinden, sich mit Haut und Haar dem sogenannten Fortschritt verschreiben, und sei er noch so albern. Aber auch die Alten, die zur Mittagspause um Punkt 12 Uhr den Griffel fallen lassen und sich hartleibig jeglicher Veränderung erwehren. Millennials versus Boomer – das ist die Bruchlinie, an der entlang hier die Konfliktlinien verlaufen.

Flott und (fast immer) auf den Punkt erzählt ist die überzeugend entwickelte Story, mit so knackigen wie stilsicheren Dialogen, vielschichtigen Figuren und guten Darstellern. Leicht überdreht kommt das Ganze daher, doch auf eine gute Art, mit stetem Bezug zur Realität. Dazu gesellen sich nostalgische Momente, die aufgrund ihrer leicht ironischen Note so gar nichts Klebrig-Rückwärtsgewandtes haben.

Ein schönes Bild für den wehmütigen Blick in die Vergangenheit finden die Filmemacher mit einem scheinbar vergessenen Teil des Versandhaus-Gebäudes, in dem Barbara, aber auch Senior Chef Jürgen Sander gelegentlich den Erinnerungen frönen: an jene Jahre, als die Uhren gefühlt langsamer liefen und dicke gedruckte Kataloge an die Kundschaft versandt wurden, in denen es von der neuesten Hifi-Anlage über modische Stiefeletten bis hin zum Cocker Spaniel schier alles zu bestellen gab. “Die ganze Welt auf 1.000 Seiten”, so lautete der (Sander-)Slogan eines vermeintlich übersichtlicheren Lebens.

Eine kluge, feinsinnige und unterhaltsame Gesellschaftssatire, die freilich nicht im Gegeneinander der Arbeitskulturen verharrt: Am Ende wird es eine Mischung aus dem Besten beider Welten sein, die zum Erfolg führt.

Das ZDF zeigt “Alle nicht ganz dicht” am Donnerstag, 26. September, um 20.15 Uhr.