Worpsweder Kunstsommer widmet sich Universalkünstler Vogeler
Vom Utopisten Heinrich Vogeler bis zur Gegenwart: Die Museen des Worpsweder Kultursommers spannen einen weiten Bogen.
Die großen Museen in Worpswede bei Bremen stellen mit ihrem Kunstsommer einmal mehr den Universalkünstler und Utopisten Heinrich Vogeler (1872-1942) in den Mittelpunkt ihrer Ausstellungen – verbunden mit einem Brückenschlag in die Gegenwart. Das Leitmotiv laute „Vogeler im Kontext“, sagte die Leiterin des Worpsweder Barkenhoffs, Beate Arnold. Inhaltlich gehe es darum, was Kunst in Zeiten der Krise bewegen könne. „Die leitende Frage ist: Wie wollen wir in Zukunft leben und welche Impulse kann uns da die Kunst geben?“
Die aufeinander bezogenen Ausstellungen im Barkenhoff, in der Großen Kunstschau, im Haus im Schluh und in der Worpsweder Kunsthalle, die aber auch separat erkundet werden können, beginnen am Sonntag (25. Juni) und laufen bis zum 5. November. In allen vier Museen begegnen Besucherinnen und Besucher bei einer „Zeitreise von Vogeler bis heute“ den Arbeiten des Barkenhoff-Gründers. Dazu werden Werke des deutsch-böhmischen Künstlers Wenzel Hablik (1881-1934), des deutsch-ungarischen Künstlers Nándor Angstenberger und des jungen Leipzigers Martin Voigt präsentiert.
„… dann wenigstens mit Hirn“
Mit Blick auf die gesellschaftspolitische Dimension der Kunst zitierte Beate Arnold den Maler, Grafiker und Kunsthandwerker Hablik, der wie sein Zeitgenosse Vogeler darauf aus war, ein Gesamtkunstwerk zu schaffen: „Muss ich schon an der Erde kleben, dann wenigstens nicht mit dem Hirn.“
Der Barkenhoff und das Haus im Schluh präsentieren in ihren Dauerausstellungen Vogelers künstlerisches Schaffen und seinen Weg vom Jugendstil-Künstler zum Sozialisten. Barkenhoff und Große Kunstschau stellen daneben teils extrem farbige Werke von Hablik aus. In der Kunstschau hängen außerdem seine Architektur-Utopien neben Fantasielandschaften von Angstenberger. Die Worpsweder Kunsthalle zeigt mystische Landschaften und Genre-Szenen von Martin Voigt, der gerne experimentell arbeitet. Seine Motive sind hoffnungsvolle Zufluchtsorte wie urzeitliche Wälder und lichte Weidengründe, die manchmal durch Bilddetails gebrochen werden, die für Vergänglichkeit und Tod stehen können.
Bekannt wegen Jugendstil-Arbeiten
Exemplarisch für das Konzept der Sommerschauen ist ein Kunstschau-Kabinett mit Bildern des Worpsweder Altmeisters Fritz Mackensen (1866-1953): In die Mitte hat Kuratorin Manuela Husemann eine rechteckige Stele von Angstenberger gestellt. Die Spitze des Turms besteht aus Zuckerwürfeln, die mit blauer Wasserfarbe eingefärbt sind. In ihrer Anmutung schlagen sie gedanklich eine moderne Brücke zum Himmel, der viele Landschaftsbilder alter Worpsweder bestimmt. „Wir wünschen uns, dass der Kunstsommer dazu anregt, das Sehen und Denken zu ändern“, kommentierte Beate Arnold die Resonanzen.
Vogeler war kurz nach der Jahrhundertwende einer der erfolgreichsten und bekanntesten Künstler seiner Zeit, vor allem wegen seiner Jugendstil-Arbeiten. Er war nicht nur als Maler und Grafiker tätig, sondern auch als Architekt, Designer, Pädagoge und Schriftsteller. Seine Kunst machte ihn in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts zum Liebling des Bürgertums, seine Kriegserfahrungen später zum Dissidenten, seine politische Haltung schließlich zum Sozialisten und Exil-Künstler in der Sowjetunion.