Wolfgang Huber: Der Reformationstag bleibt relevant

Halloween und Reformationstag schließen sich nicht gegenseitig aus. Warum aber der Reformationstag Aufmerksamkeit verdient: Ein Gastkommentar des ehemaligen Ratsvorsitzenden der EKD, Wolfgang Huber.

Der evangelische Theologe und ehemalige Ratsvorsitzende der EKD, Wolfgang Huber
Der evangelische Theologe und ehemalige Ratsvorsitzende der EKD, Wolfgang Huberepd-bild/Christian Ditsch

Über das Verhältnis zwischen Reformationstag und Halloween habe ich schon hitzige Debatten erlebt. Sie führen nicht weiter. Viele Kinder haben Spaß daran, um diese Zeit Kürbisse auszuhöhlen und aus ihnen Masken zu basteln. Soll ich ihnen mit erhobenem Zeigefinger den Spaß verwehren? Das Interesse für den Reformationstag würde ich damit kaum stärken.

Dabei ist der Tag – in den meisten nördlichen Bundesländern jetzt ein Feiertag – weiter interessant: Vor etwas über fünfhundert Jahren fand eines der dramatischsten Ereignisse der Reformation statt. Martin Luther wurde auf dem Reichstag von Worms verhört. Kaiser Karl V. war selbst anwesend. Der Mönch aus Wittenberg musste Rede und Antwort stehen. Von kirchlicher Seite war er wegen Ketzerei verurteilt worden. Nun wurde ihm auch noch staatlich der Prozess gemacht. Der theologische Aufruhr, den er ausgelöst hatte, wurde als friedensstörend angesehen.

Für neue Argumente offen sein

Luther stellte sich dieser Herausforderung. Er schloss es nicht grundsätzlich aus, seine Haltung zu revidieren. Doch dazu hätte jemand erklären müssen, wieso er auf dem Holzweg war. Solange das nicht der Fall war, fühlte er sich seinem Gewissen verpflichtet: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen.

So fängt Freiheit an: Nachdenken und für neue Argumente offen sein. Sich entscheiden und zu seiner Entscheidung stehen. Verantwortung wahrnehmen für das, was einem wichtig ist. Und dass alles im Vertrauen auf Gott. Verantwortung und Freiheit gehören zusammen. Die Corona-Zeit hat gezeigt, wie wichtig das ist. Und Luther hat es vorgemacht.