Wohl kirchenrechtliche Schritte gegen Missbrauchs-Priester
Das Landgericht Fulda hat einen Priester wegen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen zu vier Jahren Haft verurteilt. Der Mann aus dem Landkreis Fulda ist in 68 Fällen schuldig gesprochen worden. Das Bistum kündigt Konsequenzen an.
Das Bistum Fulda stellt kirchenrechtliche Schritte gegen einen am Montag in Fulda verurteilten Priester in Aussicht. Der Mann aus dem Landkreis Fulda wurde wegen vielfachen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen zu vier Jahren Haft verurteilt. “Sobald das Urteil rechtskräftig ist, wird das Bistum Fulda auf dieser Grundlage das bereits eingeleitete kirchenrechtliche Verfahren vorantreiben”, heißt es in einer auf der Bistumsseite veröffentlichten Erklärung.
In insgesamt 68 Fällen wurde der 43-jährige Priester schuldig gesprochen. Das Gericht verurteilte den Priester in 9 Fällen wegen teilweise schweren sexuellen Missbrauchs – von denen einzelne Fälle im Versuch geblieben sind – sowie in 59 Fällen wegen Herstellung, Verbreitung und Besitz von kinder- und jugendpornografischem Material.
Der Priester hatte nach Erkenntnissen des Gerichts in den Jahren 2021 und 2022 im Internet seine Opfer gezielt angesprochen. Er habe die Betroffenen zu sexuellen Handlungen aufgefordert und Bildmaterial angefertigt. Die Opfer konnten bislang nicht genau identifiziert werden. Anhand der Bilder und Videos sei von Kindern ab etwa neun Jahren und von Jugendlichen auszugehen, sagte Oberstaatsanwalt Benjamin Krause der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Der Angeklagte hatte die Taten in dem seit September laufenden Prozess weitgehend eingeräumt. Die “Fuldaer Zeitung” berichtete von einem psychologischen Gutachten, welches dem Mann eine pädophile Neigung attestiert habe. Die Verteidigung hatte auf eine Bewährungsstrafe von höchstens zwei Jahren plädiert. Sie kündigte Revision an.
Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller sagte der “Fuldaer Zeitung” nach dem Urteil: “Aufgrund der Schwere der Tat und des staatlichen Urteils einer Gefängnisstrafe ohne Bewährung ist es wahrscheinlich, dass ein kirchlicher Strafprozess angeordnet wird.” Er gehe davon aus, “dass die Höchststrafe verhängt wird, also die Entlassung aus dem Klerikerstand”.
Für den Verurteilten heiße das unter anderem, das er “keine berufliche Aufgabe als Priester mehr” bekomme und keine Pension. “Er bekommt mit einer solchen Vorstrafe als Theologe wahrscheinlich auch keinen Job mehr”, sagte Schüller. “Wenn er nicht umschult, wird er quasi zum Sozialfall. Es ist somit wirklich eine Höchststrafe. Er ist rechtlos in der Kirche.”
Dass ihm die Priesterweihe aberkannt würde, sei jedoch nicht möglich. “Wie die Taufe kann auch die Priesterweihe als einmalig gespendetes Sakrament nicht zurückgenommen werden”, erläuterte der Kirchenrechtler. “Aber er darf nie wieder einen priesterlichen Dienst ausüben. Das ist ihm bis zum letzten Atemzug verboten.”
Die Staatsanwaltschaft äußerte sich zufrieden mit dem Urteil und mit der Begründung. “Das ist ein deutliches Signal an Täter, auch wenn der Missbrauch vermeintlich nur über Internet-Kommunikation erfolgte”, sagte Oberstaatsanwalt Krause der KNA.
Den Anstoß für Ermittlungen gegen den Priester gab im Mai 2022 ein Hinweis der US-Organisation National Center for Missing and Exploited Children (Nationales Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder). Der nun Verurteilte war nach Angaben des Bistums unmittelbar bei Bekanntwerden der Vorwürfe vom Dienst freigestellt worden.