Wohin zieht eine Familie, die ihr Heim verliert?

Die neunköpfige Familie Jahnke aus Cottbus-Gallinchen ist von Obdachlosigkeit bedroht. Denn ein juristischer Streit mit den Erben des verstorbenen Vermieters ihres Hauses führte zu einem Räumungsprozess. Wo soll es nun hingehen? Ein Artikel von Stefanie Krautz.

Daniela und Peter Jahnke in Cottbus haben sieben Kinder – und eine Räumungsklage für ihr Haus

Von Stefanie KrautzIn Cottbus-Gallinchen leben die Jahnkes, eine neunköpfige Familie. Im Oktober 2014 zogen sie in das Haus mit kleinem Grundstück: Einiges war noch zu tun. Peter Jahnke arbeitet auf dem Bau, gemeinsam mit dem Vermieter packte er manches an. Ein gutes Verhältnis. Das änderte sich, als der Vermieter am 11. April 2016 tödlich verunglückte. Seither ist zwischen den Erben des Mannes und den Jahnkes ein Streit entbrannt. Da geht es um ein Klettergerüst, das zu entfernen sei, und um ausstehende Mieten.Die juristische Auseinandersetzung darüber führte im Juli letzten Jahres zu einem Räumungsprozess. Er endete mit einem Vergleich – die Mieter versprachen, bis zum 31. Dezember 2017 auszuziehen, so Rechtsanwalt Sven Bartholdtsen. Er vertritt die Seite der Vermieter. Ausgezogen sind die Jahnkes bisher nicht, mit der Zwangsvollstreckung wird im Februar gerechnet.Daniela Jahnke sagt, dass dieser Vergleich ohne Abstimmung mit ihnen erfolgt sei. Das Misstrauen ist groß – mittlerweile haben die Jahnkes den dritten Anwalt. Schwierig ist für sie, dass ihnen Dokumente ihres juristischen Vertreters per Mail zugeschickt werden, als pdf-Dokument: „Wir haben keinen Computer, und baten darum, dasswir die Unterlagen per Post bekommen. Das war nicht möglich. Jetzt öffnet eine Bekannten die Mails und schickt sie uns per SMS.“Klar ist: Der Auszug ist unvermeidlich. Aber wohin zieht eine große Familie, die ihr Heim verliert? Die Jahnkes baten den Cottbuser Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) um Hilfe. Mittlerweile sucht die Stadt Cottbus fieberhaft nach einer Lösung, wie ihr Sprecher Jan Gloßmann versichert. „Niemand muss hier wohnungslos werden.“ Es wurde nach Wohnobjekten gesucht – die bisher abgelehnt wurden von den Jahnkes. Die Wohnungen waren zum Teil in anderen Städten, die Kinder sind aber in Cottbus verwurzelt, und Daniela Jahnke hat keinen Führerschein. Das Problem ist, so Jan Gloßmann: „Es stehen keine Wohnungen zur Verfügung, die groß genug wären.“ Das bestätigt Silke Hallmann vonder Diakonie in Cottbus. Zwar gibt es Übernachtungsmöglichkeiten für Obdachlose, ein Straßencafé und Streetworker, die von Wohnungslosigkeit Bedrohte betreuen. Wohnungen können aber auch Diakonie und Stadtmission nicht zuteilen.Zwei Objekte stehen den Jahnkes noch zur Auswahl: zwei gegenüberliegende Wohnungen und eine Unterkunft in einem Heim für Geflüchtete. Wenn das nicht klappt? Für den Fall, so Daniela Jahnke, wurde angedroht, dass die Familie getrennt werde. Für die Eltern würde eine Wohnung gefunden – und die Kinder in Pflegefamilien verteilt. Das aber, so Gloßmann, sei nur das allerletzte Mittel zur Vermeidung der Obdachlosigkeit einer Familie.