Woche fünf: Mobilität während der Kontaktsperre

In den sieben Wochen der Fastenzeit üben sich Karola Kallweit und Vincent Pritsch abwechselnd im Klimafasten und berichten hier davon. Karola Kallweit schreibt über weniger Schadstoffe und leere Autobahnen.

Von Karola Kallweit

Angekommen in Woche fünf lautet das Thema „Eine Woche Zeit … für eine andere Mobilität“. Doch die ­Autobahnen sind leer, die normale Taktung der öffentlichen Verkehrsmittel ausgesetzt, aufs Fahrrad ­müssen sich die Arbeitnehmer auch nicht mehr schwingen, weil viele ja ins unfreiwillige Homeoffice geschickt wurden und nun auch noch die sogenannte Kontaktsperre. Na dann kann ich ja auch gleich zu Hause bleiben.

Dieser Tage ist nichts mehr ­normal, selbst das Schreiben dieser Kolumne ist beeinflusst von den Geschehnissen um uns herum. Eigentlich wollte ich mich sieben Wochen lang im Klimafasten ausprobieren. Doch Corona hat mir ein Bein gestellt, mich immobil gemacht. Oder vielleicht doch nicht?

Hat die soziale Isolation, die physische Immobilität, die uns von unseren Regierungen verordnet wurde auch etwas Gutes? Laut dem Mitteldeutschen Rundfunk haben die Umweltsatelliten der NASA und der ESA einen klaren Rückgang von Luftschadstoffen über China gemessen, während das Land mit strengen Quarantänemaßnahmen Covid-19 bekämpft hat. Gilt das bald auch für Europa? Vielleicht führt der zurückgegangene Reiseverkehr in Luft und am Boden am Ende auch zu weniger CO2-Emissionen. Die Urlaubsplanung konzentriert sich aktuell zumeist auf Balkonien. Die Natur kann scheinbar für ein paar Monate durchatmen, denn weniger Reisen bedeuten auch weniger Müll, weniger Wasserverbrauch und Verschmutzung in den üblichen Touristen-Hotspots. Die Bilder von sich erholenden Kanälen in Venedig gingen letzte Woche um die Welt.

Und auch wenn wir physisch immobiler geworden sind, offenbaren sich gerade ganz neue Möglichkeiten geistiger Mobilität. Museen, Bibliotheken, Archive, öffentlich-recht­liche Sendeanstalten und die ­Kirchen entdecken und nutzen das Internet. Sie öffnen virtuell ihre Pforten und bieten online Romane zum Lesen, Filme zum Streamen oder Museumsrundgänge zum Durch­laufen an. Geistige Spaziergänge en masse. Manch einer macht jetzt vielleicht sogar mehr Kultur als in Vor-Corona-Zeiten.

Ab und an darf der Mensch ja auch noch raus an die frische Luft. Der Gang zum Supermarkt wird zum Highlight des Tages. Im Slalom bewege ich mich die Straße entlang, denn Abstand halten gilt weiter. Nur die Hunde halten sich nicht daran, die zählen allerdings auch nicht zur Risikogruppe. Mein Fahrrad werde ich demnächst für solo-selbstständige Touren auf Vordermann bringen. Und vielleicht werde ich trotz allem mit meiner alten VW-Möhre einmal über eine leere Autobahn brettern. Man möge es mir verzeihen.