Wo sich junge Christen zuhause fühlen

Die Jugendkirche in Hamburg feiert ihren zehnten Geburtstag mit einem Gottesdienst. Die Einrichtung hat von sich reden gemacht – zum Beispiel mit interaktiven Ausstellungen.

Zum Thema Flucht entwickelten die Jugendliche eine interaktive Ausstellung – Bootsfahrt inklusive
Zum Thema Flucht entwickelten die Jugendliche eine interaktive Ausstellung – Bootsfahrt inklusiveJugendkirche

Hamburg. Nicht in die Kirche gehen, sondern Kirche selber machen – das ist das Konzept, das hinter der Jugendkirche in Groß Flottbek steht. Seit zehn Jahren entwickelt Pastor Robert Zeidler mit einem Team aus rund 20 jungen Menschen Formate von Jugendlichen für Jugendliche, um zum Nachdenken über Werte und Glaubenssätze anzuregen. Dabei werden theologische Erkenntnisse mit erlebnispädagogischen Übungen jugendgemäß vermittelt. Die Jugendkirche, die in der ehemaligen Bugenhagenkirche in Groß Flottbek ein eigenes Gotteshaus gefunden hat, ist eine Einrichtung des Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein und zuständig für 55 Kirchengemeinden sowie mehr als 80 weiterführende Schulen.
„Die Jugendkirche versteht sich als Brücke zwischen der Lebenswelt Jugendlicher und der Botschaft des Evangeliums“, erklärt Pastor Zeidler. „Jugendliche wollen eine Kirche, die sie mit ihrem Glauben füllen können.“ Das Organisationsteam bietet dafür jugendgerechte Formate an, die von den Besuchern mit Leben gefüllt werden – Kirche zum Selbermachen. Bei der Arbeit verbinden sich Pädagogik, selbstverantwortliches Gestalten, Kreativität und Glaube. „In der Jugendkirche gestalten Jugendliche den Gottesdienst selbst, bauen Theaterstücke, moderne Musik von der Jugendkirchen-Band oder selber geschriebene Glaubensbekenntnisse ein“, beschreibt Zeidler das Procedere. „Hier wird Kirche zum Bildungsort.“ 

Keine theoretischen Predigten

Auch mit den Bibeltexten wird aktiv gearbeitet. Wenn Petrus auf dem Wasser wandelt, steht einer am Rand des Bootes, zwei andere sprechen seine widerstreitenden Gedanken. Im selbst gestalteten Dialog fänden Jugendliche sich eher wieder als in einer theoretischen Predigt, so der Pastor. Kirche von Jugendlichen für Jugendliche ist auch eine Kirche ohne Pastor. „Ich habe eher beratende Funktion“, sagt Zeidler.
Die Jugendkirche arbeitet mit interaktiven Ausstellungen, die von Jugendlichen an Jugendliche vermittelt werden. „Kirche auf Augenhöhe“, nennt es Zeidler. „Die interaktive Ausstellung zum Thema „Flucht“ mit 13 Stationen hat unter anderem Container und Schlauchboot als Elemente, in denen die Besucher sitzen und aus der Ich-Perspektive die dramatische und zugleich realitätsnahe Geschichte einer Flucht zu hören bekommen.“ So werde Verständnis geweckt für Menschen, die Flucht wirklich erleben mussten. „Das verändert den Umgang mit den Betroffenen. Bei uns geht es auch um Werteorientierung.“ 
Im Mittelpunkt der Angebote steht die Lebens- und Erlebniswelt junger Menschen. Konfirmanden, Schüler und Jugendgruppen kommen zu Workshops oder eigenen Gottesdiensten in die Jugendkirche. Ihre Erfahrungen tragen sie zurück in die Gemeinden. 

Ein Erfolgsmodell

Angefangen hat alles im Jahr 2000 auf der EXPO in Hannover, als Zeidler sich mit jungen Menschen im Kirchenzelt der Jugendstadt am Maschsee engagierte. Die Jugendlichen wünschten sich danach eine eigene Kirche. Die Hamburger Jugendkirche wurde schließlich am 18. April 2008 in der umgewidmeten Bugenhagenkirche eröffnet. Was als Projekt begann, hat sich seither zum Erfolgsmodell mit bundesweitem Vorbild-Charakter entwickelt: Mehr als 50 000 Menschen haben die Jugendkirche besucht.
Auch künftig will Pastor Zeidler immer wieder neue Themen aufgreifen. „Unser Vorhaben: Leichte und schwierige Fragen für junge Menschen verständlich und erlebbar machen und dabei deutlich werden lassen, dass sie für ihr Leben relevant sind. So entwickeln wir zurzeit einen interaktiven Parcours: „Menschen Rechte Freiheit“, der im Juni in der Jugendkirche an den Start geht.“
Info
Der Jubiläumsgottesdienst, zu dem sich auch Bischöfin Kerstin Fehrs angesagt hat, wird am Sonntag, 22. April, um 18 Uhr in der Jugendkirche gefeiert. Anmeldungen dazu unter sekretariat@die-jugendkirche.de