Wo Milch und Honig fließen

Gemeindehäuser haben oft einen ganz eigenen Geruch. Unser Chefredakteur ist einem ganz speziellen ein bisschen nachgegangen.

Am Wochenende werde ich wieder dort sein; in dem Land, wo Milch und Honig fließen. Schon die Bibel erzählt von so einem Ort. Sie tut das sehr begeistert, und das konnte ich als Kind nicht verstehen. Milch und Honig – das schmeckte für mich nach Fieber und Halsweh. Wenn eine Erkältung im Anmarsch war, mussten wir dieses Gebräu zu uns nehmen. Mutter schwor auf Hausrezepte.
Später, im Konfirmanden-Unterricht, erfuhr ich, dass sich hinter dem Begriff etwas anderes verbirgt. Unsere Vorfahren im Glauben, die Israeliten, benutzten diese beiden Wörter als Symbol. Was sie ausdrücken wollten: Wenn in einem Land Milch und Honig fließen, dann ist alles im Überfluss da. Das ist das Land, in dem es uns gut gehen wird. In dem wir Zukunft haben.

Ich habe diesen Ort gefunden. In einem Gemeindehaus im Ruhrgebiet. Zuerst habe ich das am Geruch gemerkt. Als ich am Handwaschbecken stand – peng! Da war sie wieder. Diese klebrige, kleistrige Süße. Brrr. Ich schaute hinunter, auf die Flasche  mit der Seife. Und tatsächlich, auf dem Etikett stand: Milch und Honig. Ich habe lange überlegt, ob da, im Waschraum der Toiletten eines Gemeindehauses in Castrop-Rauxel, wohl jemand eine Botschaft platziert haben könnte: Es kommt nicht auf den Geruch an; wir sind der Ort, wo Milch und Honig fließen.
Wie auch immer. Am Wochenende finden dort Konfirmationen statt. Ein erhebendes Erlebnis. Junge Menschen sagen ihr Ja zu Gott. Zu einem Leben, das Fülle verheißt. Das Zukunft bietet. Das gut ist. Ich werde gerne dort sein. An einem Ort, von dem man dann wahrhaftig sagen kann: Hier fließen Milch und Honig. Nicht nur im Waschbecken.