Wissenschaftliche Studie soll Hamburger NSU-Mord aufarbeiten
Der Mord an Süleyman Taşköprü am 27. Juni 2001 durch die Terrororganisation „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) in Hamburg soll wissenschaftlich aufgearbeitet werden. Das Projekt wurde von den Regierungsfraktionen SPD und Grüne initiiert, wie die Bürgerschaft am Mittwoch mitteilte. Nach einer europaweiten Ausschreibung habe sich der Beirat „Wissenschaftliche Aufarbeitung des NSU-Komplexes“ mit Abgeordneten von SPD, Grünen, CDU und Linken für die Ruhr-Universität Bochum ausgesprochen. Der Senat müsste unter anderem die Studienkosten in Höhe von 900.000 Euro übernehmen. Die Bürgerschaft stimmt am 27. November über den Antrag ab. Die Untersuchung könnte Anfang 2025 beginnen und dauert voraussichtlich drei Jahre.
Der NSU ist ein ehemaliges rechtsextremistisches Terrornetzwerk, dem die Rechtsextremen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe angehörten, und das zwischen 1998 und 2011existierte. Zwischen 2000 und 2007 töteten sie neun Menschen mit Migrationshintergrund – acht türkischstämmige und einen Griechen – sowie eine Polizistin. Unter den Opfern war der 31 Jahre alte Obst- und Gemüsehändler Süleyman Taşköprü. Er wurde im Laden seines Vaters mit drei Schüssen aus zwei verschiedenen Waffen getötet.
„Die Studie wird sich den komplexen Strukturen des NSU und den Versäumnissen der Behörden anders nähern, als dies bisher in parlamentarischen Ausschüssen und Gremien bundesweit und in Hamburg möglich war“, sagte Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD). So sollen Hintergründe, Geschehnisse und Ermittlungen rund um den NSU-Mord in Hamburg mithilfe der geheimen Akten wissenschaftlich aufgearbeitet werden. Veit: „Unser Signal ist: Solche Gewalt und solcher Terror darf in Deutschland nie wieder möglich sein!“ Staat und Zivilgesellschaft müssten sich heute und künftig rechtsextremer Gewalt konsequent entgegenstellen.
„Die Taten des NSU sind die längste rechtsextremistische Terrorserie in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagte Kazim Abaci, migrationspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Hamburg wolle als erstes Bundesland mit einer neuen interdisziplinären wissenschaftlichen Instanz in der Aufarbeitung vorankommen. „Alle Hamburger Unterlagen sind gesichert und werden der wissenschaftlichen Aufarbeitung zugänglich gemacht“, sagte Abaci.