Wissenschaftler wollen Korruptionsdenken in Ostkirche erforschen

Korruption ist nur ein Problem von Unternehmen und Staaten? Mitnichten. Die Uni Regensburg nimmt sich für ein Forschungsprojekt nun das orthodoxe Christentum vor.

Die Orthodoxe Kirche ist bekannt für ihre Kathedralen (Symbolbild)
Die Orthodoxe Kirche ist bekannt für ihre Kathedralen (Symbolbild)Imago / Scanpix

Forscher der Universität Regensburg wollen dem “Korruptionsdenken” im orthodoxen Christentum auf den Grund gehen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das interdisziplinäre Verbundprojekt für die kommenden drei Jahre, wie die Universität mitteilte. Die Rolle der Religion sei bisher bei diesem Thema nur schwach beleuchtet worden.

Das orthodoxe Christentum als stärkste Glaubensgemeinschaft im östlichen Europa soll den Angaben zufolge ein größeres Korruptionsproblem haben als das katholische und das protestantische westliche Europa. Gleichwohl habe die Orthodoxie ihre eigenen, in den sakralen Texten und in der Tradition verankerten Antikorruptionsvorstellungen. Die Forscher wollen deren Inhalt und Beziehung zu anderen, konkurrierenden Normen deshalb beleuchten.

“Regensburg Corruption Cluster”: Kampf gegen Korruption

Seit 2020 gibt es an der Uni das “Regensburg Corruption Cluster”. An ihm beteiligt sind der Historiker Klaus Buchenau (Geschichte Ost- und Südosteuropas), der Sprachwissenschaftler Björn Hansen (Slavische Philologie) und der Betriebswirtschaftler Thomas Steger. Zusammen sind sie sich einig, dass der weltweite Kampf gegen Korruption in eine Sackgasse geraten sei. Das Thema mobilisiere nicht mehr, stattdessen verbreiteten sich Ratlosigkeit und Zynismus, wenn sich verfeindete Lager gegenseitig mit Korruptionsvorwürfen überhäuften.

In vielen Gesellschaften habe sich eine Schere zwischen Antikorruption und Gemeinwohlvorstellungen aufgetan, heißt es. “Lokal wurde Antikorruption jetzt oft als verdeckte Strategie westlicher Dominanz gesehen und der Korruptionsvorwurf zum rhetorischen Geschoss im politischen Grabenkampf degradiert”, so die Wissenschaftler. Ihr Verbundprojekt verstehe sich vor diesem Hintergrund als Reparatur – als Versuch, lokale, kulturell tief verankerte Vorstellungen von Korruption zu verstehen und in die Korruptionsforschung einzuspeisen.