In Schleswig-Holstein haben seit Beginn der Pilotphase vor knapp vier Jahren 60 Reerdigungen stattgefunden. Mit dem Verfahren, das bislang deutschlandweit nur in Schleswig-Holstein erlaubt ist, seien Menschen aus zwölf Bundesländern reerdigt worden, wie das Berliner Unternehmen „Meine Erde“ dem Evangelischen Pressedienst (epd) anlässlich des Totensonntags mitteilte.
Bei der Bestattungsform wird der Körper der verstorbenen Person in einem sargähnlichen Kokon in 40 Tagen zu Erde transformiert, die dann in einem Sarg oder Tuch auf Friedhöfen in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg beigesetzt werden kann. Das Unternehmen wirbt damit, dass es sich um eine besonders ökologische Form der Bestattung handelt.
Experten: Reerdigung erfüllt zentrale Anforderungen an Sicherheit
Das Institut für Rechtsmedizin der Universität Leipzig, das die Pilotphase begleitet, stuft die Reerdigung weiterhin als unbedenklich für Mensch und Umwelt ein. Durch die große Hitzeentwicklung im Kokon mit bis zu über 70 Grad würden auch die Auflagen des Infektionsschutzes erfüllt. Knapp 50 Reerdigungen wurden vom Institut inzwischen untersucht. „Der Prozess funktioniert. Und 50 beprobte Reerdigungen haben in der Statistik schon eine große Aussagekraft“, sagt der forensische Entomologe Marcus Schwarz von der Uni Leipzig.

Bislang entnahmen Mitarbeitende des Instituts die Proben nach Öffnung des Kokons immer selbst. „Den Vorwurf von Kritikern, dass die Erde stinke, kann ich nicht bestätigen. Für mich riecht es nach Waldboden“, sagt Schwarz. Künftig soll das Unternehmen „Meine Erde“ die Probenentnahme selbst übernehmen. Diese Vereinbarung habe das Leipziger Institut mit dem Landtag geschlossen. „Der logistische Aufwand für uns zur Beprobung immer nach Schleswig-Holstein zu reisen, ist groß. Deshalb ist damit nach 50 Reerdigungen Schluss“, erklärt der Wissenschaftler.
Reerdigung: Forschung in Leipzig mit einzigartigem Know How
Die Analyse der Proben soll aber weiterhin in Leipzig stattfinden. „Wir sind weltweit das einzige Institut, das Reerdigungen untersucht und haben uns entsprechendes Know-How aufgebaut “, sagt Schwarz. Das Institut hat seinen Angaben zufolge schon Reerdigungen in den USA wissenschaftlich begleitet, wo die alternative Bestattungsform 2019 eingeführt wurde.
In Schleswig-Holstein war die Reerdigung mit einer behördlichen Duldung im Februar 2022 als Pilotprojekt auf dem Friedhof der evangelischen Kirchengemeinde in Mölln (Kreis Herzogtum Lauenburg) an den Start gegangen. Ein Jahr später kam eine Kapelle auf dem Kieler Parkfriedhof Eichhof als Standort hinzu. Inzwischen sind sieben Kokons in Betrieb, in denen die Verstorbenen für den Prozess auf Stroh und Grünschnitt gebettet werden. Nach 40 Tagen haben körpereigene Mikroorganismen den Inhalt des Kokons in Erde verwandelt. Übrig gebliebene Knochen- und Zahnreste werden gemahlen und der Erde wieder zugefügt.
Abschlussbericht zur Reerdigung wird 2026 erwartet
Anfang 2024 hatte der Kieler Landtag eine Änderung des Bestattungsgesetzes beschlossen und für die Erprobung neuer Bestattungsarten im Rahmen einer sogenannten Experimentierklausel gestimmt. Im Sommer 2026 endet die Erprobungszeit für die Reerdigung in Schleswig-Holstein. Im Nachgang soll das Unternehmen „Meine Erde“ einen Abschlussbericht vorlegen.
