Wissen zu psychischer Gesundheit fördern – Keine Selbstdiagnosen

Mehr junge Menschen begeben sich wegen psychischer Erkrankungen in Kliniken. Insbesondere Angststörungen haben sich laut einer Psychologin gefestigt. Um Betroffenen zu helfen, hält sie vor allem eines für entscheidend.

Unterstützende Bezugspersonen sind für junge Menschen in emotionalen Krisen das Wichtigste: Das betont die Psychologin Lisa Hasenbein. “Ein gutes Familienklima hat beispielsweise eine enorm positive Auswirkung darauf, wie junge Menschen mit Belastungen umgehen können”, sagte sie der Zeitung “Die Welt” (Mittwoch). Diese Bezugspersonen müssten die Jugendlichen ernstnehmen und sie dabei unterstützen, Probleme zu lösen.

Dafür brauche es auch Wissen über psychische Gesundheit, “um im Zweifelsfall reagieren zu können”. Hasenbein warnte zugleich vor zunehmenden Selbstdiagnosen: “Wenn man Symptome googelt, kann alles plötzlich ganz schlimm wirken.” Eine verstärkte Auseinandersetzung mit psychischen Krankheiten, etwa in den Sozialen Medien, könne entstigmatisierend wirken. Auch gingen junge Menschen mit diesen Themen meist sensibler um als ältere Generationen. Aber: “Gleichzeitig ist es sehr gefährlich, weil eine Selbstzuschreibung keine professionelle medizinische Diagnose ist und nicht unbedingt zutreffen muss.”

37 Prozent der Jugendlichen gäben in Studien an, psychisch erkrankt zu sein, sagte Hasenbein, die am Deutschen Jugendinstitut tätig ist. Die Hälfte dieser Jugendlichen wiederum beschreibe ihren eigenen Gesundheitszustand als “ausgezeichnet” oder “gut”. Dies unterstreiche die Bedeutung des “sozialen Faktors”, so die Expertin: “Wer sich einsam fühlt und bei Problemen keine Ansprechpersonen hat, fühlt sich schlechter.”

Wichtig sei aus ihrer Sicht zudem echte Beteiligung junger Menschen an gesellschaftlichen Prozessen. “Das Schlimmste ist eine Scheinbeteiligung, wenn es heißt: Ja, wir hören uns jetzt mal eure Meinung an. Aber dann passiert nichts weiter. Das führt nicht zu Selbstwirksamkeit, sondern zu Frust.”

Alarmierend sei, dass zunehmend Jugendliche von Cybermobbing betroffen seien, fügte Hasenbein hinzu. Gerade jüngere Kinder und Jugendliche folgten dabei oft einer Gruppendynamik, ohne viel nachzudenken. Es brauche Medienbildung und auch die Fähigkeit, sich selbst zu regulieren und nicht ständig auf das Handy zu schauen, selbst wenn es neben einem auf dem Tisch liege. “Die Frage, inwiefern soziale Medien mit der psychischen Gesundheit zusammenhängen und ob junge Menschen darunter leiden, hängt davon ab, wie die Nutzung aussieht.”