Wirtschaftsexperte plädiert für höhere Abschläge für Frührentner
Der Wirtschaftswissenschaftler Martin Werding hat sich für Änderungen bei der Frührente ausgesprochen und höhere Abschläge für Frührentner ins Spiel gebracht. Gänzlich abschlagsfreie Frührenten für Menschen, die gesund sind und normal bis überdurchschnittlich verdienten, passten „angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels überhaupt nicht in die Landschaft“, sagte der an der Ruhr-Universität Bochum lehrende Werding den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwoch) in Essen. Statt Abschläge von 3,6 Prozent pro Jahr sollten Abschläge von 5 bis 6 Prozent für Arbeitnehmer gelten, die vorzeitig in den Ruhestand gehen.
In Deutschland ist es ab 63 Jahren grundsätzlich möglich, in Frührente zu gehen. Versicherte müssen dafür 35 Jahre Versicherungszeiten bei der Deutschen Rentenversicherung nachweisen – und dann Abschläge akzeptieren. Je Monat, den man vor dem eigenen Renteneintrittsalter in Rente geht, liegt der Abschlag bei 0,3 Prozent – auf ein Jahr gerechnet also bei 3,6 Prozent. Für besonders langjährig Versicherte, die 45 Beitragsjahre nachweisen können, ist eine Frühverrentung ohne Abschläge möglich.
Werding verwies darauf, dass die Zahl der Menschen, die trotz Rentenbezugs erwerbstätig sind, in Deutschland in den letzten 15 Jahren deutlich gestiegen sei. „Nur rund ein Viertel dieser Gruppe bleibt aus finanziellen Gründen aktiv. Auch dann geht es nicht immer um Armutsvermeidung, sondern darum, sich zusätzliche finanzielle Spielräume zu erarbeiten“, sagte der Ökonom, der auch Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist.
Anlass für Werdings Vorstoß sind neue Zahlen der Rentenversicherung zu weiterarbeitenden Ruheständlern. Wie aus einer Anfrage der Linken bei der Bundesregierung hervorgeht, lag die Zahl arbeitender Rentner Ende 2022 bei 1,3 Millionen.
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) betonte, dass man nicht vergessen dürfe, dass viele Rentner weiterarbeiten müssen, weil ihre Rente einfach nicht ausreiche. „Hier müssen wir dringend ansetzen und die Renten dauerhaft auf ein Niveau anheben, das ein Leben ohne finanzielle Sorgen ermöglicht“, sagte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.