Ein Handelskrieg aus reinem Macho-Gehabe? Der Ethiker Peter Schallenberg warnt vor kurzfristigem Denken in der Handelspolitik. Insbesondere für wirtschaftlich schwächere Länder drohten fatale Folgen.
Pauschal Zölle in beliebiger Höhe einzuführen – darin sieht der Ethiker Peter Schallenberg “mehr eine Berggorilla-Kampfansage” als eine langfristig vernünftige Strategie. “Das gehört vermutlich dazu, wie bei anderen Wettkämpfen auch, dass man am Anfang erstmal eine große Vorlage macht und dann sieht, wo man sich einigen kann”, sagte Schallenberg im Interview des katholischen Kölner Internetportals domradio.de am Freitag. Er äußerte sich im Hinblick auf die Ankündigung hoher Einfuhrzölle durch US-Präsident Donald Trump.
Die aktuelle Lage sei “für Laien fast gar nicht mehr zu durchblicken”, fügte der Moraltheologe hinzu. Grundsätzlich sei allzu großes Eingreifen in die Märkte “eher skeptisch zu betrachten”. Zugleich könne es durchaus gute Gründe für Zölle geben: So erhebe Deutschland etwa Zölle für Autos aus China, weil diese unter bedenklichen Bedingungen hergestellt würden – und um die eigene Autoindustrie zu schützen “und nicht durch Dumpingpreise, also durch Billigimporte” zu schädigen.
Insofern gehe es um eine Güterabwägung, erklärte Schallenberg. “Wenn man den Verdacht hat, es geht nur darum – ich sage das jetzt mal sehr plakativ – den ‘großen Mann’ zu markieren, also sozusagen einen Handelskrieg zu führen anstelle von blutigen Kriegen, einen Standortvorteil zugunsten der nationalen Identität zu gewinnen, dann wäre das allerdings ebenso langfristig und mittelfristig dumm wie auch unethisch.”
Die Versorgung der eigenen Bevölkerung sei dagegen ein ethisch legitimes Anliegen, sagte der Experte. Beim internationalen Handel gehe es indes auch darum, “schwächere Länder zu stärken, zu stützen, Produktionen in schwächeren Ländern aufzubauen”. Freier Handel verhindere Monopol- und Kartellbildung und nütze damit auch wirtschaftlich schwächeren Staaten, die auf den Zugang zum Weltmarkt angewiesen seien. Schallenberg warb für Gespräche und einen Kompromiss, der aber vermutlich noch etwas Zeit brauchen werde.