„Wir sind da – Gott ist da“

Alle kirchlichen Veranstaltungen sind abgesagt, Gottesdienst geht nur noch digital. So wie beim Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg, der einen Gottesdienst auf Youtube übertragen hat. Die Evangelische Zeitung feierte mit.

Das Team des Gottesdienstes
Das Team des GottesdienstesKirchenkreis Lübeck-Lauenburg

Lübeck. Die Bänke waren leer, Nervosität machte sich trotzdem breit. „Wir sind aufgeregt – wie immer bei einer Premiere“, sagte Petra Kallies, Pröpstin im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg, zu ihrer Gemeinde. Die saß nicht in der Lübecker St.-Jürgen-Kapelle, sondern im ganzen Kirchenkreis und in ganz Deutschland. Den Gottesdienst hat der Kirchenkreis nämlich live auf Youtube übertragen. Über die Videoplattform waren etwa 380 Besucher live dabei, zahlreiche weitere schauten sich das Video im Anschluss an. (Hier klicken, um das Video abzurufen)

„Wir feiern zusammen Gottesdienst, wir sind nur nicht im selben Raum. Wir sind da, Gott ist da“, so Pröpstin Kallies gleich zu Beginn der Feier, die in weniger als 48 Stunden auf die Beine gestellt wurde. Am Freitag hatte die Nordkirche ihren Gemeinden empfohlen, auf Veranstaltungen und auch auf Gottesdienste wegen der Ausbreitung des Coronavirus zu verzichten. Deshalb sind auch im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg alle Gottesdienste abgesagt worden – bis auf einen.

Zurückgreifen konnte das Team um Pröpstin Kallies auf Ehrenamtliche der Lübecker St.-Jürgen-Gemeinde, die mit Live-Übertragungen von Gottesdiensten schon Erfahrungen gesammelt haben. Zu Heiligabend wird immer ein Krippenspiel als Live-Stream gesendet. Deshalb konnten sie zum Beispiel auf Ausrüstung nutzen, die die Gemeinde ohnehin schon besitzt – zum Beispiel Kameras, Mikrofone, Scheinwerfer. Insgesamt 17 Freiwillige halfen mit, die Übertragung hatte ein hohes technisches Niveau.

Die Predigt hielt Pröpstin Kallies zum Thema „Nur mal kurz die Welt retten“, ein Anspielung auf den Hit von Tim Bendzko. „Nur noch 148 Mails checken – und dann ist alles besser“, zitierte Kallies aus dem Lied. Doch nun sei alles anders: Um die Welt zu retten, müssten die Meisten nun weniger machen. „Wir können uns jetzt nur darum kümmern, dass die Angst vor dem Virus uns nicht besiegt“, sagte Kallies.

Neben der Pröpstin wirkten beim Gottesdienst fünf Pastoren aus der Gemeinde St. Jürgen mit, die eingangs zum teil sehr persönliche Statements abgaben. „Meine Frau ist hochschwanger, inmitten einer Pandemie. In wenigen Tagen soll unser Junge geboren werden. Was ist, wenn die Krankenhäuser heillos überfüllt sind?“, fragte Jonathan R. Ide. Und Mareike Hansen meinte: „Mein Schwiegervater darf im Seniorenheim keinen Besuch mehr empfangen. Er wird viel allein sein in den nächsten Wochen.“

Für die Musik sorgten Kirchenmusiker Johannes Lenz und Sängerin Camilla Ostermann. Gemeinsam führten etwa „O vos Omnes“ des französischen Komponisten César Franck und „Herzlich lieb hab ich dich, O Herr“ von Sigfrid Karg-Elert auf.

Fürbitten via Live-Chat

Die Fürbitten-Anliegen sollten die Youtube-Zuschauer in die Kommentare des Live-Chats schreiben. Die Pastoren nahmen diese dann in das Fürbitten-Gebet auf. „An die Geflüchteten an der türkische-griechischen Grenze und an die hungernde Bevölkerung im Jemen“ dachte ein Nutzer. „Für innere Ruhe und Frieden für alle, die sich wegen Corona sorgen“, betete ein andere Nutzer. Es kamen so viele Anliegen, dass nicht alle im Gottesdienst berücksichtigt wurden. „Alle Anliegen werden im Nachgang vor Gott gebracht“, heißt es dazu in der Pressemitteilung des Kirchenkreises.

Während des gesamten Gottesdienstes gingen Kommentar der Nutzer ein, die meisten lobten das Team. Und auch Pröpsten Kallies fand den Versuch „mehr als gelungen“. Ob der Youtube-Gottesdienst auch in den kommenden Wochen gefeiert wird, darüber wird das Team in den nächsten Tagen beraten.

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